Berlin. Um das Klima zu schützen, plant die Bundesregierung Änderungen beim Fliegen, bei E-Autos, Heizungen und Bahnfahrten. Ein Überblick.

Im Klimaschutz zeichnen sich in den kommenden Jahren weitreichende Veränderungen für Verbraucher und Wirtschaft ab. Wie aus einem unserer Redaktion vorliegenden Entwurf für ein „Klimaschutzprogramm 2030“ hervorgeht, sind unter anderem für die Autoindustrie eine verbindliche Zulassungsquote für Elektroautos und ein Verbot neuer Ölheizungen in bestimmten Neubauten ab 2030 geplant.

Das Klimakabinett unter der Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte in einer Nachtsitzung aber nicht über diesen, von Montag stammenden 138 Seiten langen Entwurf abstimmen. Er soll als Gesamtstrategie voraussichtlich am 2. Oktober ins Kabinett kommen.

Grundlage für das Spitzentreffen am Donnerstag im Kanzleramt war ein zuletzt 26-seitiges Eckpunktepapier. Die wichtigsten Weichenstellungen waren zwischen CDU, CSU und SPD noch umstritten. Das war an vielen farbigen Textpassagen und eckigen Klammern zu erkennen. Dazu fehlten Preisschilder. Die Kosten bis 2023 könnten bei 40 Milliarden Euro oder mehr liegen. Bis 2030 soll es der Gesamtstrategie zufolge „Investitionen in klimafördernde Maßnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe“ geben.

Noch offen war die Grundsatzentscheidung, ob es eine Steuer auf den klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) oder ein Handelssystem mit Verschmutzungsrechten je Tonne CO2 geben wird. In Koalitionskreisen wurde auch ein Mix aus beiden Maßnahmen erwogen sowie stufenweisen Erhöhungen der CO2-Bepreisung. Deutschland muss bis 2030 seinen CO2-Ausstoß um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken - sonst drohen hohe EU-Strafzahlungen.

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Was sonst noch geplant ist – ein Überblick:

• Auto: Die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge soll erhöht werden – vor allem für kleinere, umweltfreundliche Fahrzeuge, die bis zu 30.000 Euro kosten. Für günstigere, rein batterieelektrische Autos soll der Staat von 2021 bis 2022 statt wie bisher 2000 Euro dann 4000 Euro zuschießen, dazu kommt der Hersteller-Nachlass von 2000 Euro.

Bis 2030 sollen die Kommunen eine Million öffentlicher E-Ladesäulen aufstellen. Kostenpunkt bis 2030: Insgesamt bis zu zwölf Milliarden Euro, was zum Teil aus höheren Netzentgelten von den Verbrauchern mitbezahlt werden könnte.

• Diesel/Benzin/Heizöl/Gas: Klar ist, dass eine Bepreisung von CO2 fossile Brennstoffe verteuern wird. Wie stark die Preise steigen, ist unklar. Das hängt davon ab, ob die Regierung Unter- und Obergrenzen in einem CO2-Preissystem setzt. Die Grünen haben vorgerechnet, dass bei einem Einstiegspreis von 40 Euro je Tonne CO2 der Benzinpreis pro Liter um etwas mehr als zehn Cent steigen würde.

• Entlastung: Eine von Grünen und Umweltexperten vorgeschlagene pauschale Pro-Kopf-Entlastung der Bürger von jährlich 100 bis 150 Euro ist vom Tisch. Stattdessen sollen Millionen Pendler voraussichtlich über eine höhere Pendlerpauschale bei der Steuererklärung begünstigt werden, um steigende Spritpreise auszugleichen. Die steuerliche Pauschale liegt bei 0,30 Euro pro Kilometer, höchstens können 4500 Euro abgesetzt werden. Eine Erhöhung stand aber noch unter einem Finanzierungsvorbehalt.

• Strom: Entlastet werden könnten Stromkunden durch eine niedrigere Stromsteuer, die von rund zwei Cent auf den EU-Mindestsatz von 0,1 Cent je Kilowattstunde reduziert werden könnte. Auch soll die Umlage für die Ökostromförderung (EEG), die derzeit bei knapp 6,5 Cent liegt, deutlich sinken.

• Heizungen: Im Gespräch ist ein Verbot für neue Ölheizungen ab dem Jahr 2030. Dies könnte auch Erdgas-Anlagen einschließen. Allerdings würde das nur für neu installierte Heizungen gelten - bestehende Anlagen könnten weiter betrieben werden. Um die „Austauschrate von Ölheizungen zu erhöhen“ war zuletzt eine Prämie mit einem staatlichen Förderanteil von 40 Prozent im Gespräch. Ziel sei es, für alle derzeit mit Heizöl betriebenen Heizungen einen attraktiven Anreiz zur Umstellung auf erneuerbare Wärme oder hybride Gasheizungen, die teilweise Ökostrom verwenden, zu geben.

• Bahn/Flug: Die Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr soll von 19 auf sieben Prozent sinken. Die staatseigene Bahn soll damit günstigere Tickets anbieten, um mit Inlandsfliegern zu konkurrieren. Die Ticketsteuer von heute 7,38 Euro für Inlandsflüge soll verdoppelt werden. In Städten will der Bund nach Informationen unserer Redaktion die Schienenförderung von 2025 an auf zwei Milliarden Euro erhöhen - das wäre gegenüber 2017 eine Versechsfachung. Mit dem Geld sollen U- und S-Bahnstrecken gebaut werden.

• Vision: Die Bundesregierung will vor allem mit der Elektrifizierung der Auto-Republik beim Klimaschutz sprunghaft vorankommen. Durch Förderung, Anreize, einem CO2-Preis und möglichen Verboten sollen Bürger und Industrie möglichst schonend zu einem umweltbewussteren Verhalten und Produzieren bewegt haben. (mit dpa)