Berlin. Welcher Staatschef kommt bei den Deutschen am besten an? Eine Umfrage sorgt für Überraschungen – auch für Angela Merkel und Macron.

An ihm scheiden sich die Geister. In Europa, in der Nato, selbst daheim in Frankreich. Allein die Sympathien der Deutschen – die gehören mehrheitlich ihm, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts Kantar im Auftrag unserer Redaktion

Er schneidet sogar besser ab als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). 57 Prozent haben „eher großes“ Vertrauen zum Franzosen. Bei der Kanzlerin sind es vier Prozentpunkte weniger. Noch eindeutiger ist das Bild, wenn man sich die Ergebnisse quasi von unten anschaut: 44 Prozent gaben an, ihr Vertrauen in Merkel sei „eher gering“. Bei Macron waren es deutlich weniger, nämlich 32 Prozent.

Donald Trump schneidet am schlechtesten ab

Nicht überraschend ist beim Vergleich von sieben Staats- und Regierungschefs das Fotofinish um den letzten Platz: Nur je sechs Prozent der 1014 Befragten vertrauen US-Präsident Donald Trump und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Die größten Antipathien „genießt“ der Amerikaner.

Russlands Präsident Wladimir Putin liegt im soliden Mittelfeld, hinter dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, aber vor dem britischen Premier Boris Johnson.

Die AfD ist Putins Fanclub, Merkel ist das Feindbild

Putins Fanclub lässt sich klar verorten: 58 Prozent der AfD-Anhänger haben großes Vertrauen zu ihm, aber nur neun Prozent zur deutschen Regierungschefin. 91 von 100 Befragten gaben an, ihr Vertrauen in die Kanzlerin sei „eher klein“. Das Feindbild der AfD hat einen Namen: Merkel. Fakt ist aber: Hinter ihr und Macron kippt das Stimmungsbild, denn alle anderen fünf Staats- und Regierungschefs bekommen mehrheitlich negative Vertrauenswerte.

Nahezu parteiübergreifend ist die Zustimmung für Macron. Höchste Wertschätzung genießt er bei Grünen (75) und Sozialdemokraten (73), aber immerhin auch 42 Prozent der AfD-Anhänger haben eher großes Vertrauen zum Hausherren im Pariser Élysée-Palast. Liebling Macron schneidet am besten bei Männern (58) ab, in der Generation 60 plus (66) und bei Besserverdienenden (72) mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von über 3500 Euro.

Dabei wird dem Mann in Paris nicht einmal eine besondere Nähe zu Deutschland nachgesagt (angelastet?) – kein Vergleich zu den Vorgängern Nicolas Sarkozy, der als Merkels „Pudel“ beschimpft wurde, oder François Hollande, der schon mal als „Vizekanzler von Deutschland“ vorgestellt wurde. Die Umfrage dokumentiert Macrons Strahlkraft, erklärt sie aber nicht.

Er gilt als kompromissloser Modernisierer, wohingegen Merkel mit einer „Politik der kleinen Schritte“ identifiziert wird. Auf jeden Fall gilt der Franzose als Enfant terrible der EU und der Nato. Vom politischen Temperament her: das Gegenmodell zu Merkel. In Frankreich muss er einen Generalstreik aushalten, der sich gegen seine Rentenreform richtet. Steigt mit der Entfernung (und Unkenntnis von der Person?) die Zustimmung?

Sebastian Kurz nimmt eine Sonderrolle ein

Eine Sonderrolle spielt im Vergleich der sieben politischen Persönlichkeiten Sebastian Kurz. Der Österreicher ist mit 33 Jahren der jüngste in dem illustren Feld. Er vertritt das kleinste Land, war nicht einmal zwei Jahre lang Regierungschef – international ein unbeschriebenes Blatt –, soll aber wieder die politischen Geschicke der Alpenrepublik bestimmen. Der Präsident hat ihn mit der Regierungsbildung beauftragt.

Die meisten Anhänger hat Kurz in Deutschland bei den Liberalen (73), bei AfD-Leuten (51) und bei Gutverdienern (50). Sein Alter beschert ihm keinen Vorteil bei den jungen Leuten, im Gegenteil. Nur 26 Prozent der 14 bis 29-Jährigen haben großes Vertrauen zu ihm, mit jeder Altersklasse steigt die Zustimmung für Kurz. Die deutsche Kanzlerin genießt die größte Wertschätzung bei jüngeren Leuten: 72 Prozent. Sie kommt bei Frauen (59) besser als bei Männern (48) an, im Lager der Grünen (69) stärker mehr als beim eigenen Koalitionspartner, bei der SPD (45).

Wie eine Wand: 100 Prozent der Linken lehnen Trump ab

Unterirdisch sind die Werte der Nummer eins im Weißen Haus. Nur zwei Prozent der Frauen haben großes Vertrauen zu Donald Trump. Die Ablehnung des Amerikaners zieht sich wie ein roter Faden durch alle Alters-, Bildungs- und Einkommensschichten. Bei den Linken beträgt sie 100 Prozent, bei Christ- und Sozialdemokraten noch 97 Prozent.

Immerhin 19 Prozent der FDP-Leute und 27 Prozent der AfD-Anhänger vertrauen dem US-Präsidenten. Ist nur der Ruf des Amtsinhabers schlecht oder nicht längst auch der einer ganzen Nation?