Berlin. Umweltministerin Lemke beklagt, dass ihr Haus spät über das Leck an Isar 2 informiert worden sei. Die FDP hält am Weiterbetrieb fest.

Ein Ventil-Leck im Atomkraftwerk Isar 2 hat die Debatte um einen möglichen Reservebetrieb von zwei Atomkraftwerken über das Jahresende hinaus erneut angefacht. Am Montag hatte das Bundesumweltministerium öffentlich gemacht, dass der Meiler in Bayern ein Ventil-Leck hat, das repariert werden müsse, wenn Isar 2 möglicherweise über den 31. Dezember hinaus weiter Strom produzieren soll. Darauf hatte laut Ministerium Betreiber Preussen Elektra hingewiesen.

Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kritisierte am Dienstag, dass ihr Haus nicht bereits früher Hinweise erhalten hat. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und CDU-Chef Friedrich Merz hätten sich ja beide den Reaktor angeschaut und mit dem Betreiber gesprochen, sagte sie der Deutschen Presseagentur. "Ich frage mich schon, ob sie über die Leckage nicht informiert wurden, oder ob sie das Problem in ihrer Pressekonferenz am 4. August vor dem Reaktor einfach verschwiegen haben", sagte Lemke.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hält trotz Leck an einem Weiterbetrieb fest

Mehrere Umweltverbände fordern vor dem Hintergrund des Lecks ein Festhalten am Atomausstieg zum Ende des Jahres. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte vorgeschlagen, Isar 2 sowie den baden-württembergischen Meiler Neckarwestheim in eine Notreserve zu überführen. Ohne vorher einen umfassenden Sicherheitscheck beider Anlagen durchzuführen, sei diese Entscheidung "übereilt" gewesen, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, unserer Redaktion. "Am besten wäre es deshalb, die Nutzung der Hochrisikotechnologie Atomkraft wie vorgesehen zum Jahreswechsel zu beenden."

Christian Dürr, Chef der FDP-Fraktion im Bundestag, hält dagegen an einem Weiterbetrieb des Meilers fest. "Dass bei Isar 2 ein Leck gefunden wurde, zeugt nicht von mangelnder Sicherheit", sagte Dürr dieser Redaktion. "Ganz im Gegenteil: Es zeigt, dass Sicherheit oberste Priorität hat und die Überprüfungen unserer Meiler funktionieren."

Reparaturarbeiten seien völlig normal, erklärte der FDP-Politiker, "die gibt es auch in Kohlekraftwerken und an Windrädern". Die sollten jetzt zügig in die Wege geleitet werden, sagte der FDP-Politiker. Er gehe fest davon aus, dass man im Winter auf den Leistungsbetrieb aller drei Kernkraftwerke angewiesen sein werde.

CDU fordert klare Entscheidung von der Ampel

Die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber, forderte ein eindeutiges Signal von der Ampel-Regierung. "Die besagten Ventile könnten – wie bisher turnusgemäß bei Revisionen – in Stand gesetzt werden", sagte Weisgerber dieser Redkation. Dann stünde das dringend benötigte Kraftwerk auch über das Jahresende hinweg zur Verfügung. "Aber dafür braucht es jetzt endlich klare Entscheidungen durch die Ampel."

Die Bundesregierung sei in der Frage des befristeten Weiterbetriebs der drei Kernkraftwerke aber tief zerstritten und ducke sich weg, kritisierte die Unionspolitikerin. "Die Empörung von Frau Lemke ist nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver“, sagte Weisgerber. Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte bemängelt, dass ihr Haus erst spät informiert worden sei über das Leck. „Den Grünen scheint jedes Mittel recht, um die Menschen zu verunsichern", sagte Weisgerber weiter. Nötig seien jetzt aber klare Entscheidungen, eine sichere und bezahlbare Stromversorgung für die nächsten Winter und Planungssicherheit für die Betreiber der drei Kernkraftwerke. Weisgerber fordert neben dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien auch eine Verlängerung der Laufzeiten der drei verbliebenen Kernkraftwerke befristet zumindest bis Ende 2024.

Haßelmann fordert von Söder rückhaltlose Aufklärung

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Britta Haßelmann, verstärkte den Druck auf die bayerische Landesregierung verstärkt, die Probleme am Atomkraftwerk Isar 2 rückhaltlos aufzuklären. "Es wundert mich doch sehr, dass man seit dem Auftauchen des Lecks von Markus Söder kein Wort mehr zur Verlässlichkeit des bayerischen Atomkraftwerks Isar2 gehört hat", sagte sie dieser Redaktion. "Es muss endlich auf den Tisch, wer wann in der bayerischen Staatsregierung von welchen Problemen am Atomkraftwerk Isar 2 gewusst hat.“"

Haßelmann betonte: "Anstelle von PR-wirksamen Auftritten in Schutzanzügen im AKW sind die CSU in der bayerischen Landesregierung und der AKW-Betreiber jetzt gefordert, alle Fakten auf den Tisch zu legen und für Transparenz zu sorgen."

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.