London. Rishi Sunak liegt im Rennen ums Premierministeramt vorne. Aber Johnson hat viel Rückhalt in der Basis. Nun macht er einen Rückzieher.

  • Ex-Premier Boris Johnson brachte sich zunächst als möglicher Nachfolger der gescheiterten Liz Truss ins Spiel
  • Letztlich machte er aber doch wieder einen Rückzieher
  • Ein anderer malt sich dagegen gute Chancen aus

Der britische Ex-Premier Boris Johnson wird nun doch nicht erneut für das Amt antreten. Obwohl er die notwendige Unterstützung in der konservativen Tory-Fraktion habe, habe er sich dagegen entschieden, teilte der Politiker am Sonntagabend mit.

Er habe den Rückhalt von mehr als 100 Abgeordneten und könne damit eine Bewerbung einreichen, schrieb Johnson.

Zu seinem Rückzug schrieb Johnson: „Ich hätte gute Chancen auf Erfolg in der Parteibasis und könnte womöglich am Freitag zurück in der Downing Street sein.“ Dennoch sei er zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht der richtige Weg sei. „Man kann nicht effektiv regieren, wenn man keine geeinte Partei im Parlament hat.“ Leider sei keine Einigung mit seinen Rivalen Sunak oder Mordaunt zustande gekommen. „Ich glaube, dass ich viel zu bieten habe, aber leider ist dies wohl nicht die richtige Zeit“, so der 58-Jährige.

Ex-Premierminister Boris Johnson steigt aus dem Rennen um die Nachfolge seiner Nachfolgerin Liz Truss aus.
Ex-Premierminister Boris Johnson steigt aus dem Rennen um die Nachfolge seiner Nachfolgerin Liz Truss aus. © Matt Dunham/AP/dpa

Großbritannien: Sunak und Johnson waren Spitzenreiter

Noch bevor er seine zunächst geplante Kandidatur überhaupt bekannt gegeben hatte, sorgte Boris Johnson bereits für heftige Kontroversen in seiner Partei. Die Möglichkeit, dass er erneut Premierminister werden könnte, nur sechs Wochen nachdem er die Downing Street räumen musste, ließ manche zu Begeisterungsstürmen hinreißen, während andere fast verzweifelten.

Johnson werde „die Tory-Partei und das Land retten“, sagt etwa der Abgeordnete Christopher Chope. Sein Parteikollege Steve Baker warnt: Johnson wäre „ein garantiertes Desaster“.

Der Führungskampf ums Premierministeramt wird im Eilzugstempo durchgeführt – am Montag um 14 Uhr Ortszeit (15 Uhr MESZ) müssen die Kandidatinnen und Kandidaten mindestens 100 Nominierungen aus der Tory-Fraktion beisammen haben. Rishi Sunak, ehemaliger Finanzminister unter Johnson, ist derzeit der Spitzenreiter. Am Sonntagmorgen, als er seine Kandidatur ankündigte, hatte er schon über 126 Unterstützer hinter sich scharen können. Nach Johnsons Rückzieher haben sich Sunaks Chancen noch einmal erhöht Lesen Sie auch: Warum Großbritannien Neuwahlen braucht

Großbritannien: Gespräch zwischen Johnson und Sunak dauerte drei Stunden

Die Anhänger von Johnson bestanden darauf, dass der Ex-Premier noch immer ein Mandat habe – immerhin hat er im Dezember 2019 einen überzeugenden Wahlsieg errungen. Sie hofften, dass er in den nächsten Wahlen erneut ein Trumpf sein könnte. An der Basis ist Johnson auf jeden Fall weiterhin sehr beliebt. Auch konnte er bereits einige ehemaligen oder amtierenden Minister für sich gewinnen, etwa Nadhim Zawahi oder Jacob Rees-Mogg.

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Aber seine Gegner, darunter auch die Anhänger von Sunak, verwiesen darauf, dass in den vergangenen zwei Jahren viel passiert ist: Vor allem die Party-Affäre, die nicht nur den Ruf Johnsons, sondern der gesamten Partei schwer ramponiert hat. Sie befürchteten, dass die Skandale sofort wieder beginnen werden, sollte Johnson erneut seinen Fuß in die Downing Street setzen.

Rishi Sunak war im Sommer noch Liz Truss im Rennen um die Nachfolge von Boris Johnson unterlegen.
Rishi Sunak war im Sommer noch Liz Truss im Rennen um die Nachfolge von Boris Johnson unterlegen. © Kirsty Wigglesworth/AP/dpa

Boris Johnson: Ein Dutzend Tories wollen austreten, wenn Johnson zurückkehrt

Zudem läuft noch immer eine Untersuchung gegen den Ex-Premier, bei dem es um die Frage geht, ob er das Parlament angelogen hat. Das könnte ihn noch stark in Bedrängnis bringen. David Frost, ehemaliger Brexit-Minister, sagte: „Es ist einfach nicht richtig, dass wir riskieren, das Chaos und die Verwirrung des letzten Jahres wiederholen.“

Wie tief die Ablehnung ist, die Johnson in Teilen seiner Partei provoziert, zeigt sich auch etwa daran, dass etwa ein Dutzend Tories angekündigt haben, sie würden aus der Fraktion austreten, sollte ihn die Partei wieder zum Premier machen. (pst/dpa/fmg)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.