Brasilia. Zwei Tage nach seiner Niederlage bei der Wahl in Brasilien hat sich der rechte Präsident Jair Bolsonaro erstmals öffentlich geäußert.

Nach zwei Tagen Schweigen hat sich Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro zum Ausgang der Stichwahl geäußert, ohne aber seine Niederlage anzuerkennen. In einer zweiminütigen Ansprache in der Hauptstadt Brasilia sagte der Präsident am Dienstagnachmittag, er werde die Verfassung respektieren. Zum Wahlsieger Lula da Silva, der am Sonntag hauchdünn die Stichwahl gegen den Amtsinhaber gewonnen hatte, äußerte sich Bolsonaro mit keinem Wort.

Nach der kurzen Ansprache des Präsidenten kündigte Kabinettsminister Ciro Nogueira an, dass man in den kommenden Tagen mit der Machtübergabe an den Wahlsieger Lula da Silva beginnen werde.

Dieser hatte Stunden zuvor seinen designierten Vizepräsidenten Geraldo Alckmin an die Spitze der Kommission berufen, die den Übergang auf Seiten der Wahlsieger vorbereiten soll. Am Dienstagabend (Ortszeit) lief die 48-Stunden-Frist ab, innerhalb derer der Wahlverlierer laut Gesetz ein Team für die Amtsübergabe benannt haben muss.

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Brasiliens Präsident Bolsonaro äußert sich erstmals nach Niederlage

In seiner Rede verurteilte Bolsonaro die Straßenblockaden seiner Anhänger aus Protest gegen seine Niederlage in mehreren brasilianischen Bundesstaaten. Er könne jedoch das „Gefühl der Ungerechtigkeit" der Protestierer verstehen, unterstrich er. Bolsonaro bedankte sich bei seinen Wählern für die Unterstützung.

„Ich möchte den 58 Millionen Brasilianern danken, die am 30. Oktober für mich gestimmt haben. Die aktuellen „Volksbewegungen“ seien das Ergebnis der Empörung und des Gefühls der Ungerechtigkeit über den Ablauf der Wahl, sagte er, ohne konkreter zu werden. „Friedliche Demonstrationen sind immer willkommen, aber unsere Methoden können nicht die gleichen der Linken sein.“ Diese hätten der Bevölkerung immer geschadet.

Der Linkspolitiker Lula hatte am Sonntag nach Monaten eines harten und schmutzigen Wahlkampfes und erst in der Stichwahl denkbar knapp den rechtsradikalen Amtsinhaber besiegt. Demnach stimmten 50,90 Prozent der Wahlberechtigten für den Politiker der Arbeiterpartei PT. Für Bolsonaro votierten 49,10 Prozent. Es war das knappste Wahlergebnis, seit das Land vor 37 Jahren zur Demokratie zurückkehrte.

Und erstmals schaffte es ein Amtsinhaber nicht, für eine zweite Amtszeit wiedergewählt zu werden. Der Showdown zwischen Bolsonaro (67) und Lula (77) galt als die wichtigste Wahl in der jüngeren Geschichte des größten und wichtigsten Landes Lateinamerikas.

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Brasilien: Landesweite Proteste am Dienstag

Am Dienstag hatten sich die landesweiten Proteste der enttäuschten Bolsonaro-Anhänger, angeführt von LKW-Fahrern, intensiviert. An mehr als 400 Stellen in ganz Brasilien machten die Anhänger des abgewählten Präsidenten ihrem Ärger über das Wahlergebnis vom Sonntag Luft. In den Metropolen São Paulo und Rio de Janeiro brach der Verkehr teilweise völlig zusammen. Am internationalen Flughafen von São Paulo mussten zahlreiche Flüge gecancelt werden, weil die Zufahrt zum Airport versperrt war.

In acht der 26 Bundesstaaten ordneten die Gouverneure am Dienstagmittag die gewaltsame Räumung der Blockaden unter Einsatz der Militärpolizei und Tränengas an. Nach Angaben von brasilianischen Medien gab es gegen 12 Uhr Ortszeit (16 Uhr MEZ) rund 450 Blockaden von Bundes- und Landstraßen in 24 Bundesstaaten und im Hauptstadtdistrikt. Später wurden viele aufgelöst.

Beobachter hofften, dass mit dieser Rede Bolsonaros seine Anhänger die Proteste aufgeben und Brasilien zur Normalität zurückkehren kann. Das Oberste Gericht STF wertete in einer ersten Erklärung die Rede Bolsonaros wie die Anerkennung des Wahlergebnisses.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.