Peking. Trotz der jüngsten Reisesaison sinken die Covid-Zahlen in China. Die erste landesweite Corona-Welle hat ihren Höhepunkt wohl erreicht.

Zum Ende des traditionellen Neujahrsfests haben die Gesundheitsbehörden in China Entwarnung gegeben: Die erste Corona-Welle nach der Öffnung des Landes würde sich bereits ihrem Ende nähern. Ein weiterer Anstieg sei vorerst nicht zu erwarten.

Ein genauer Blick auf die Daten legt nahe, dass die Spitze des Eisbergs bereits vor Wochen erreicht wurde. Die Anzahl an Covid-Patienten in den Krankenhäusern geht beispielsweise bereits seit der ersten Januarwoche zurück – zunächst in Peking und den umliegenden Provinzen, dann im Rest des Landes.

Corona in China: Angst vor Mutationen bisher unbegründet

Die generelle Normalisierung lässt sich auch mit den Daten zur Bevölkerungsmobilität untermauern: Seit Anfang des Monats haben sich auch die Anzahl an U-Bahn-Passagieren und Auto-Fahrten in den großen Städten wieder normalisiert. Auch die Befürchtungen im Ausland vor Corona-Mutationen scheinen bisher unbegründet: Laut den chinesischen Behörden dominieren vor allem die zwei bereits bekannten Omikron-Varianten BF.7 und BA.5.2, neuartige Varianten wurden nicht identifiziert.

Mit den jüngsten Daten unterstreicht die chinesische Regierung auch ihre Propaganda-Botschaft, den Übergang von „Null Covid“ hin zu einem „Leben mit dem Virus“ rasch und ohne große Tragödien überstanden zu haben. Zumindest in Bezug auf die Geschwindigkeit gibt es wohl keinen Widerspruch: Forscher der Peking Universität gehen beispielsweise davon aus, dass sich bereits in den ersten sechs Wochen seit der Öffnung 900 Millionen Chinesen mit dem Coronavirus infiziert hatten.

Es ist geradezu surreal, wie radikal sich das öffentliche Leben in China verändert hat: Wurde der Alltag noch vor zwei Monaten von täglichen Massentests und regelmäßigen Lockdowns dominiert, erinnern nur mehr die Mund-Nasen-Masken an die Pandemie.

Corona-Schutz: Masken gehören in China weiter zum Alltag.
Corona-Schutz: Masken gehören in China weiter zum Alltag. © dpa | Mark Schiefelbein

China: Bei den Corona-Daten ist Skepsis geboten

Dabei herrschte eine große Angst, dass der jüngste Reiseverkehr während des chinesischen Neujahrsfests das Infektionsgeschehen noch einmal anfachen könnte. Allein 226 Millionen Reisen haben die Chinesen im Inland unternommen, hinzukommen knapp drei Millionen internationale Trips – das sind 74 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Dass eine zweite Corona-Welle auszubleiben scheint, hat nach jetzigem Wissensstand einen trivialen Grund: Bereits im Dezember scheint das damalige Infektionsgeschehen die meisten Provinzen erreicht zu haben.

Doch generell ist bei den offiziellen Daten aus China eine gehörige Portion Skepsis geboten. Insbesondere seit der Corona-Öffnung haben die Behörden mit gezielter Intransparenz und offensichtlich irreführenden Zahlen eine akkurate Einschätzung der Lage erschwert.

Statistik zu Corona korrekt? Kritik an Chinas Datenerhebung

Auch bei der Anzahl an Covid-Toten erfassen die staatlichen Angaben weiterhin nicht das tatsächliche Ausmaß: Demnach seien in China nie mehr als 4.300 Personen pro Tag gestorben, derzeit sollen es gar deutlich weniger als Tausend sein. Doch die Statistiken weisen ganz entschiedene Mängel auf: Nach wie vor werden etwa nur Personen inkludiert, die in den Krankenhäusern verstorben sind – Erkrankte, die in den eigenen vier Wänden dem Virus erliegen, tauchen darin nicht auf.

Selbst die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die in ihrem Umgang mit China stets um einen diplomatischen Ton bemüht ist, hat die Volksrepublik offen für ihren Mangel an publizierten Daten kritisiert.

Bis Ende des Jahres werden in China wohl bis zu 1,5 Millionen Menschen verstorben sein

Die allgemeine Tendenz wird jedoch auch von unabhängigen Epidemiologen aus dem Ausland nicht grundsätzlich angezweifelt. So gibt es eine zaghafte Übereinstimmung darüber, dass China tatsächlich den Höhepunkt der ersten landesweiten Corona-Welle hinter sich gebracht habe. Ben Cowling von der Universität Hongkong geht zudem davon aus, dass die Herdenimmunität innerhalb der Bevölkerung eine nächste große Welle in den kommenden Monaten verhindern wird.

Bis Ende des Jahres, so lauten die meisten Schätzungen, werden in China rund eine Million bis anderthalb Millionen Personen an dem Coronavirus verstorben sein. Das bedeutet auch, dass die Volksrepublik im Vergleich zu den Vereinigten Staaten oder den meisten europäischen Staaten mit einer glimpflicheren Todesrate davonkommen wird – vor allem, weil das Land aufgrund der drakonischen „Null Covid“-Maßnahmen die tödliche Delta-Welle aussitzen konnte.