Bonn. Vor einer Woche wurde die Schlüsselfigur im Cum-Ex-Skandal zu acht Jahren Haft verurteilt. Hanno Berger will das Urteil anfechten.

Nach seiner Verurteilung zu einer achtjährigen Haftstrafe will der Cum-Ex-Architekt Hanno Berger vor den Bundesgerichtshof ziehen. Der 72-Jährige habe erklärt, dass er in Revision gehen werde, teilte das Bonner Landgericht am Mittwochmorgen auf Anfrage mit. Nach Zustellung des schriftlichen Urteils habe er einen Monat Zeit, die Revision zu begründen.

In der vergangenen Woche hatte das Landgericht Bonn Berger wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung in drei Fällen im Zeitraum von 2007 bis 2011 zu der Haftstrafe verurteilt. Den Steuerschaden dieser drei Fälle bezifferte das Gericht auf 276 Millionen Euro. Berger bekam davon 13,7 Millionen Euro, die er zurückzahlen muss.

Fehlverhalten von Berger wurde eingeräumt

Das mögliche Höchstmaß lag bei 15 Jahren, die Anklage hatte neun Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung hatte Fehlverhalten ihres Mandanten eingeräumt, dessen Ausmaß aber deutlich geringer gewesen sei als von der Staatsanwaltschaft dargestellt. Die Straftaten erstreckten sich über den Zeitraum 2007 bis 2011.

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Berger ist der bekannteste Protagonist des Geschäftsmodells, das der Bundesgerichtshof im Jahr 2021 als Straftat gewertet hat. Er beriet Banken, Fonds und Investoren bei der Konstruktion der Geschäfte und warb über sein Netzwerk vermögende Kunden ein. Dafür kassierte er die Millionen.

Angeklagter war Beamter in hessischer Steuerverwaltung

Früher war er Beamter in der hessischen Steuerverwaltung, später wechselte er die Seiten und stellte den Finanzakteuren profunde Kenntnisse des Steuerrechts zur Verfügung.

Ende 2012 setzte sich der Steuerexperte Berger in die Schweiz ab, wo er sich jahrelang der deutschen Justiz entziehen konnte. Erst im Februar 2022 wurde er an Deutschland ausgeliefert. Parallel zum Bonner Verfahren läuft vor dem Wiesbadener Landgericht noch ein anderer Strafprozess gegen ihn, wo ihm weitere Cum-Ex-Vergehen vorgeworfen werden.

Berger gilt als Wegbereiter für Cum-Ex in Deutschland

Berger hat das Geschäftsmodell, bei dem Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) rund um den Dividendenstichtag verschoben wurden und gar nicht gezahlte Steuern erstattet wurden, zwar nicht erfunden. Er gilt aber als Wegbereiter dafür, dass Cum-Ex in Deutschland im großen Stil betrieben werden konnte. Durch Cum-Ex büßte der deutsche Staat einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag ein.

„Hanno Berger war einer der zentralen Köpfe hinter den illegalen Cum-Ex-Geschäften“ und „eine Art Spindoctor“, sagte Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende in Berlin mit Blick auf die Bonner Gerichtsentscheidung. „Er sorgte dafür, dass Cum-Ex unter vermögenden Privatanlegern groß wurde.“

Cum-Ex Aufklärung läuft im Schneckentempo

Schick mahnte mehr Tempo bei der Aufarbeitung des Steuerskandals an. „Wir sind im Jahr elf nach der Unterbindung solcher Geschäfte, und trotz über 1500 Beschuldigter lassen sich die Angeklagten an wenigen Händen abzählen“, kritisierte er. Die Cum-Ex-Aufklärung sei über Jahre im Schneckentempo verlaufen, „weil viele das Thema lieber unter den Teppich gekehrt haben“.

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Die Aufarbeitung des größten Steuerskandals der Bundesrepublik dürfte noch Jahre dauern. Um die Flut an absehbaren Prozessen bewältigen zu können, wird in Bonns Nachbarstadt Siegburg sogar ein neues Gebäude nur für künftige Cum-Ex-Prozesse gebaut. Das Gebäude soll 2024 fertig sein. (rs/bef/dpa)

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