Berlin. Thomas Cook ist pleite – und die Reisebranche erschüttert. Sie leidet unter dem Preiskampf. Nun müssen die Kunden entschädigt werden.

Die Pleite von Thomas Cook erschüttert die Branche. Als zweitgrößter Reisekonzern der Welt stand das Unternehmen lange Zeit als Garant für einen sicheren Urlaub. Doch weit gefehlt. Der traditionsreiche Konzern hat bereits seit Jahren Finanzprobleme, hohe Schulden und ringt seit Monaten ums Überleben. Jetzt musste das britische Unternehmen die Reißleine ziehen und Insolvenz beantragen – mit vielen Leidtragenden.

Die Hauptlast tragen zunächst neben den 21.000 Beschäftigten, deren Arbeitsplätze gefährdet sind, Hunderttausende Urlauber. Jene, die derzeit mit Thomas Cook im Urlaub und zu Gestrandeten geworden sind. Denn noch ist nicht klar, wie und wann sie zurückreisen werden, wer dies organisiert und bezahlt.

Hinzu kommen jene, die bereits Flüge und Reisen für die nächsten Monate gebucht haben – in den Herbstferien oder zu Weihnachten – und diese Urlaube voraussichtlich überhaupt nicht antreten können. Welche Rechte Betroffene der Thomas-Cook-Pleite haben.

Thomas-Cook-Pleite: Wer nur einen Flug gebucht hat, geht leer aus

Besonders bitter dabei: Für viele fällt nicht nur der langersehnte Urlaub aus, sondern sie müssen dafür auch noch finanziell bluten. Insbesondere Individualreisende, die nur einen Flug gebucht haben, dürften die geleisteten Zahlungen nicht zurückerhalten. Denn in einem Insolvenzverfahren werden ihre Ansprüche in der Regel zuletzt bedient – wie viele Verbraucher bei der Air-Berlin-Pleite leidvoll erfahren mussten. Im Gegensatz zum Staatskredit, der zurückgezahlt wurde, sind ihre Forderungen bis heute nicht erfüllt.

Hier zeigt sich eine Schwachstelle im europäischen Reiserecht, die es zu verbessern gilt. Pauschalreisende haben den Vorteil, dass ihre Reisekosten per Versicherung abgedeckt und im Falle einer Insolvenz erstattet werden. Individualreisende gehen dagegen leer aus. Hier wäre es sinnvoll, auch eine Insolvenzversicherung für Flüge und Hotels einzuführen. Dies würde die Preise zwar verteuern, aber Reisende besser absichern. Denn die Thomas-Cook-Pleite dürfte zwar in ihrer Dimension einzigartig sein, aber nicht die letzte bleiben.

Beate Kranz, Wirtschaftskorrespondentin
Beate Kranz, Wirtschaftskorrespondentin © Reto Klar | Reto Klar

Selbst der Entschädigungsfonds für Pauschalreisende dürfte im Fall von Thomas Cook wohl erstmals auf die Probe gestellt werden. Experten bezweifeln, dass die zur Verfügung stehende Summe von 110 Millionen Euro angesichts der großen Zahl der Betroffenen ausreichen wird. Verbraucherschützer fordern längst zu Recht die Aufstockung.

Preiskampf der Billigflieger gefährdet die Branche

Die Ursachen für den Fall von Thomas Cook offenbaren neben Managementfehlern ein Grundproblem der Branche. Zwar verreisen immer mehr Menschen, doch die Anbieter locken mit immer niedrigeren Preisen. Vor allem Billigflieger wie Ryanair oder Easyjet greifen die großen Player mit günstigen Flug- und Hotelangebote an – mit der Folge drastisch sinkender Gewinne.

Darauf hat Thomas Cook, das Reisebüros, Hotels und Fluglinien betreibt, keine zukunftsweisende Antwort gefunden. Auch ob Condor als gut laufende Airline die Pleite übersteht, bleibt ungewiss.

Brexit-Folgen: Ist die Insolvenz von Thomas Cook ein Vorbote?

Vielleicht ist die Thomas-Cook-Pleite aber auch schon ein Vorbote für die Folgen des Brexits? Das britische Pfund verliert seit Monaten an Wert, was die Reiselust der Briten ins Ausland bremst – und sich bei einem EU-Austritt noch verschärfen dürfte.

Drohen weitere Pleiten? Der Premierminister Großbritanniens bewertet die Insolvenz des heimischen Tourismusriesen jedenfalls mit kühlem Kopf, kapitalistisch und marktorientiert. Staatliche Finanzhilfe zur Rettung lehnt Boris Johnson ab. Kein Platz für Mitgefühl und Jobverluste. Unternehmen müssten sich selbst besser schützen. Immerhin lässt Johnson die Urlauber nicht im Stich: „Wir werden unser Bestes tun, um sie nach Hause zu bringen.“