Washington. Das dürfte Trump gerne hören: Die US-Verfassung schließt Angeklagte oder Straftäter nicht von Bewerbungen für das Weiße Haus aus.

Kollidiert Donald Trumps für diesen Dienstagabend angekündigte Präsidentschaftskandidatur für 2024 mit den zivil- und strafrechtlichen Verfahren, die gegen ihn anhängig sind? Und: Könnte der 76-Jährige auch dann seinen Hut in den Ring werfen, wenn er offiziell angeklagt und bis zum Wahltag am 5. November 2024 rechtskräftig verurteilt würde?

Die Antwort klingt verblüffend: Trump könnte sogar aus dem Gefängnis heraus für das Weiße Haus antreten. So hat es Eugene Debs, der wegen einer Anti-Kriegsrede mit dem Spionage-Gesetz in Konflikt geriet und verurteilt wurde, Anfang der 1900er-Jahre getan. Auch Lyndon LaRouche, der bekannte Verschwörungstheoretiker, hinderte eine Verurteilung wegen Steuerbetruges 1988 nicht daran, bis 2004 mehrfach für das Präsidenten-Amt zu kandidieren.

Das liegt an der amerikanischen Verfassung. Sie sagt in Artikel II, Abschnitt 1, Paragraph 5 nicht, dass Straftäter oder solche, über denen das Damoklesschwert eines Prozesses schwebt, von einer Bewerbung ausgeschlossen werden können.

Einzige Kriterien, die zu erfüllen sind: Der Kandidat muss mindestens 35 Jahre alt, in den Vereinigten Staaten geboren und dort mindestens 14 Jahren ansässig sein. Anders gesagt: Die Trump etwa vorgeworfene Hinterziehung geheimer Staats-Dokumente über die Nationale Sicherheit Amerikas ist kein Hinderungsgrund für einen dritten Anlauf in Richtung Oval Office.

Noch ist nicht erkennbar, ob Trump überhaupt angeklagt wird

Einige Juristen halten dem entgegen, dass der durch eine Razzia der Bundespolizei FBI in Trumps Florida-Residenz Mar-a-Lago im Sommer bekannt gewordene Sachverhalt sehr wohl Sanktionsmöglichkeiten (18 U.S. Code 2071) biete.

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Danach könne die „Entfernung, Unterschlagung oder Zerstörung” präsidialer Dokumente mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Mit der Verurteilung gehe ein Verbot zur Ausübung öffentlicher Ämter einher. Wahl-Experten wie Rick Hasen von der Universität in Kalifornien/Los Angeles sagen jedoch, dass dieses Statut gegenüber der zentralen Passage in der Verfassung nachrangig zu betrachten ist.

Ganz abgesehen davon sei heute nicht erkennbar, ob Justizminister Merrick Garland Trump tatsächlich anklagen wird. Und ob es dann zu einer Verurteilung kommen würde.

Republikaner: Anklage würde nach politisch motivierter Verfolgung riechen

In republikanischen Kreisen wird erwartet, dass Garland den Schritt nicht unternimmt, wenn Trump offiziell Präsidentschaftskandidat ist. „Das würde nach politisch motivierter Verfolgung riechen und in der Wählerschaft für Unmut sorgen”, sagen Republikaner in Washington.

Rechtlich wäre eine Anklage gegen Trump möglich. „Er genießt keine Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung”, sagt Professor Mark Osler. Auch die Tatsache, dass es sich um einen ehemaligen Präsidenten handelt, bietet nach Artikel 1, Abschnitt 3, Paragraph 7 der Verfassung keinen Schutz. Dort ist explizit hinterlegt, dass ein Ex-Präsident für Handlungen während seiner Amtszeit belangt werden darf.

Bliebe noch der Kongress. Er könnte Trumps Kandidatur unter Verweis auf den 14. Verfassungszusatz disqualifizieren, wenn der Nachweis erbracht und mit Mehrheit bejaht würde, dass Trump aktiv an einem „Aufstand oder einer Rebellion” beteiligt war.

Ob dies bei der von Trump-Anhängern exekutierten Erstürmung des Kapitols in Washington am 6. Januar 2021 der Fall war, ist politisch wie juristisch bis heute umstritten und nicht geklärt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.