Berlin. . Die Länder wollen einen Preisdeckel für Strom und Gas. Mit Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe. Lässt sich der Bund darauf ein?

Kommt jetzt ein Energiepreisdeckel? Genau das fordern die Länder parteiübergreifend für Strom, Gas und Wärme. So wollen sie eine Kosten-Explosion begrenzen.

"Dringend erforderlich" sei gerade eine Entlastung bei Strom, betonten die Ministerpräsidenten am Mittwoch auf einer Sonderkonferenz in Berlin. Das sei ein "zentrales Element" einer Lösung sowohl für private Haushalte als auch für Unternehmen. "Die Maßnahmen müssen wirksam, spürbar, einfach verständlich und schnell umsetzbar sein."

Adressiert ist ihr Forderungskatalog an den Bund. Am 4. Oktober wollen die Länderchefs darüber mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reden. Die Berliner Beschlüsse sind ihr Eröffnungszug. Es geht im Zeichen der sich im Herbst verschärfenden Energiekrise um Geld, viel Geld:

  • Für Steuererleichterungen. Dies sei ein besonders schnell wirkender Hebel, sagte der scheidende Vorsitzende der Länderrunde, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
  • Für Staatshilfen zugunsten von Unternehmen und von Betrieben, die besonders unter den hohen Energiekosten leiden.
  • Für den Nahverkehr, sei es für den Ausbau der Infrastruktur, sei es für ein bundesweites Billigticket.
  • Für einen Schutzschirm für kommunale Energieversorger.

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Die Bundesregierung hatte vor wenigen Wochen ein 65 Milliarden Euro teures Entlastungspaket als Ausgleich für rasant steigende Preise vorgestellt. Die Finanzierung ist allerdings strittig, zumal bei dem von den Ländern geforderten Energiepreisdeckel mit Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe zu rechnen ist, wie die Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) einräumte. "Der Preis, den wir zahlen müssen, wenn wir einen solchen Energiepreisdeckel nicht machen, ist aus unserer Sicht um ein Vielfaches höher als jetzt diese Entscheidung zu treffen“, sagte sie.

Gas und Strom: Wie wird der Milliardenplan finanziert?

Zur Gegenfinanzierung machten die Länder eineinhalb Vorschläge. Gemeinsam schlugen sie vor, im Energiesektor erzielte Über- bzw. Zufallsgewinne abzuschöpfen.

Die SPD-Ministerpräsidenten riefen den Bund dazu auf, die Schuldenbremse schleifen zu lassen. In einer Protokollnotiz hielten sie fest, man habe es mit einer außergewöhnlichen Notsituation im Sinne des Grundgesetzes zu tun. "Dies rechtfertigt bei Bund und Ländern die Aufnahme von Krediten über die Begrenzung der Schuldenbremse hinaus."

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Zugleich wurde der Bund aufgefordert, die "in der Sache überholte" und rechtlich fragwürdige Gasbeschaffungsumlage umgehend zu stoppen. Auch erinnerten die Länder ihn an seine Zusage, "seine Verantwortung bei der Beteiligung an der Flüchtlingsfinanzierung wahrzunehmen." Ferner solle er Kosten für das Wohngeld in Zukunft vollständig übernehmen und zusätzlichen Beträge beizusteuern, die notwendig seien, um als Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket "dauerhaft günstige und attraktive Tarifmodelle verwirklichen zu können".

9-Euro-Ticket: Berlin ist kein Modell

Dabei wurde deutlich, dass die meisten Länder nicht dem Beispiel Berlin folgen wollen, wo zum 1. Oktober ein dreimonatiges 29-Euro-Ticket eingeführt werden soll. Sie erhoffen sich in erster Linie mehr Mittel vom Bund für den Ausbau der Infrastruktur, insbesondere auf dem Land. Bayern gab zu Protokoll: "Wo Züge nicht fahren und Busse nicht halten, ist den Bürgerinnen und Bürgern mit einem subventionierten Billigticket wenig geholfen."

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de