Berlin. Neben der Lieferung von Waffen wäre auch die Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer in Deutschland ein Weg, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen. Doch ganz so einfach ist das nicht.

Die Teilmobilmachung in Russland hat eine Debatte über die Aufnahme von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren ausgelöst. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung»:

«Von schweren Repressionen bedrohte Deserteure erhalten im Regelfall internationalen Schutz in Deutschland. «Wer sich dem Regime von Präsident Wladimir Putin mutig entgegenstellt und deshalb in größte Gefahr begibt, kann in Deutschland wegen politischer Verfolgung Asyl beantragen». Die Erteilung von Asyl sei jedoch eine Einzelfallentscheidung, in deren Rahmen auch eine Sicherheitsüberprüfung erfolge.

Eine Sprecherin der EU-Kommission betonte, Betroffene hätten das Recht, einen Asylantrag in der EU zu stellen. Grundsätzlich müssten dabei auch Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. Man arbeite mit den EU-Staaten daran, einen gemeinsamen Ansatz zu finden.

Junge Männer versuchen, aus Russland zu fliehen

Nach der vom Kreml verkündeten Einberufung von 300.000 Reservisten versuchten am Mittwoch viele junge Männer, sich aus Russland abzusetzen. Der Grünen-Politiker Erik Marquardt forderte ein EU-Aufnahmeprogramm für diese Männer. «Die EU-Kommission muss schnell die Zügel in die Hand nehmen», sagte der EU-Abgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. Die EU könne kein Interesse daran haben, Menschen, die nicht für Putin kämpfen wollten, in den Krieg zu schicken. Diese Menschen dürften an den EU-Außengrenzen nicht abgewiesen werden.

«Anscheinend verlassen viele Russen ihre Heimat: Wer Putins Weg hasst und die liberale Demokratie liebt, ist uns in Deutschland herzlich willkommen», schrieb Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in der Nacht auf Twitter.

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Pro Asyl schlägt humanitäre Visa vor

Solange es für die Betroffenen keine Möglichkeit zur Einreise in die Europäische Union gebe, seien Appelle zur Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer ohne Substanz, hieß es von Pro Asyl. «Wenn man ihnen Schutz gewähren will, muss man ein Verfahren etablieren, wie diese Menschen die europäischen Außengrenzen übertreten können», sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Deutschen Presse-Agentur.

Ein gangbarer Weg wäre etwa die Erteilung humanitärer Visa an von der Teilmobilmachung betroffene Russen, denen die Ausreise in Länder wie Georgien oder die Türkei gelungen sei. Burkhardt warb zugleich auch für die Aufnahme von Kriegsdienstverweigerern aus Belarus.

Wer als russischer Staatsbürger, um nicht in der Ukraine kämpfen zu müssen, in Deutschland Asyl beantragt, hat auch jetzt schon gute Aussichten, einen Schutzstatus zu erhalten. Allerdings schreckten in der Vergangenheit viele Russen, ebenso wie etwa auch türkische Staatsbürger, davor zurück, einen Asylantrag zu stellen - aus Angst, dadurch womöglich eine spätere Rückkehr in die Heimat zu erschweren. Der drohende Wehrdienst wird beispielsweise auch von Asylbewerbern aus Eritrea häufig als Fluchtgrund angeführt.