Eigentlich soll das Bürgergeld Anfang nächsten Jahres Hartz IV ersetzen. Doch die Bundesagentur für Arbeit sieht massive Probleme.

Die Ampel-Koalition will das vielfach kritisierte Hartz IV mit einem neuen Bürgergeld ersetzen und die Situation der Empfängerinnen und Empfänger verbessern. Der Zeitplan für die Umsetzung ist allerdings ambitioniert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die Sozialleistung schon Anfang nächsten Jahres einführen.

Doch die Bundesagentur für Arbeit hält das nicht für realisierbar. Sie will den Start des Bürgergelds verschieben und sieht weitere Probleme.

Bürgergeld: Darum wackelt die Einführung

In einer Stellungnahme begründet die Behörde dies mit einer Gemengelage: Die Änderungen würden einen erheblichen Aufwand bedeuten. So müssten zum Beispiel die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult werden. Aber auch die Umbenennung der Begriffe und die Umstellung der IT-Verfahren können nur zeitlich gestaffelt umgesetzt werden.

Ein weiterer Grund: Die Jobcenter seien bereits jetzt durch den Ukraine-Krieg und die Aufnahme der Geflüchteten stark gefordert. Auch sie haben seit 1. Juni Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Die Arbeitsagentur rechnet außerdem damit, dass durch die Energiekrise bald mehr Menschen in Deutschland Hartz IV beziehen müssen.

Arbeitsagentur will Bürgergeld-Einführung verschieben

"Vor diesem Hintergrund plädiert die BA für eine Einführung des Bürgergeldes zum 1. Juli 2023", heißt es in der Stellungnahme. Ohne eine ausreichende Vorlaufzeit könne eine reibungsarme Umstellung zugunsten der Bürgerinnen und Bürger nicht sichergestellt werden. Lesen Sie auch: Neue Berechnung: Mögliche Hartz-Erhöhung für 2023 liegt deutlich unter Inflationsrate

Eine vollständige Umstellung ist nach Auffassung der Behörde sogar frühestens erst im August 2024 möglich.

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Bürgergeld: Was sich im Vergleich zu Hartz IV ändern soll

Arbeitsminister Hubertus Heil will den Beziehenden des neuen Bürgergelds mehr Sicherheit und weniger Bürokratie bieten. Das sind die zentralen Punkte, die sich im Vergleich zu Hartz IV ändern sollen:

  • Weiterbildungen oder der Erwerb eines Berufsabschlusses stehen statt der Vermittlung in Erwerbstätigkeit im Vordergrund.
  • Für Weiterbildungen ist ein zusätzlicher finanzieller Ausgleich geplant.
  • Vermögen und Angemessenheit der Wohnung werden erst nach 24 Monaten geprüft.
  • Das Schonvermögen, das unangetastet bleibt, soll erhöht werden.
  • Für Auszubildende, Schüler und Studierende sollen höhere Freibeträge für die Ausbildungsvergütung oder den Nebenjob gelten.
  • Die Regelsätze sollen erhöht werden.
  • Auch für Sanktionen soll es neue Regeln geben.
  • Bei Rückforderungen ist eine Bagatellgrenze geplant.

Bürgergeld: Arbeitsagentur sieht weiteres Problem bei Umsetzung

Grundsätzlich begrüßt die Arbeitsagentur die Pläne, die Grundsicherung für Arbeitssuchende zu erneuern. Allerdings fürchtet die Behörde nicht nur Probleme bei der zeitlichen Umsetzung. Auch bei der Finanzierung könnte es hapern.

In der Stellungnahme heißt es: "Der erste Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2023 eröffnet die Möglichkeiten einer auskömmlichen Mittelausstattung nicht hinreichend."

Auch von anderen Seiten gibt es Kritik an den Bürgergeld-Plänen. So warnte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände vor fatalen Folgen. Bei einer Umsetzung der Pläne würden keine Brücken ins Arbeitsleben, sondern in das Transfer- und das Arbeitslosensystem geschlagen. (jtb)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.