Berlin. Die Inflationsrate liegt derzeit über vier Prozent. Welche Produkte jetzt besonders teuer werden - und wo Verbraucher profitieren.

Jeder spürt es. Ob beim Tanken, Einkaufen oder im Restaurant: Das Leben in Deutschland wird teurer. Erstmals nach knapp 28 Jahren hat die Inflationsmarke im September mit 4,1 Prozent die Vier-Prozent-Marke wieder überschritten, stellt das Statistische Bundesamt fest. Zuletzt geschah dies im Dezember 1993 mit damals 4,3 Prozent. Was steckt hinter der Entwicklung? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Inflation: Welche Produkte werden besonders teuer?

Der Preisanstieg wird vor allem durch steigende Energiepreise angetrieben, die sich im September im Vergleich zum Vorjahresmonat um 14,3 Prozent erhöht haben. Alle übrigen Waren sind um 6,1 Prozent gestiegen – darunter Lebensmittel um 4,9 Prozent. Ohne den Anstieg bei den Energieprodukten hätte der Preisanstieg nur 3,1 Prozent betragen. Lesen Sie auch: Inflation: Warum die Politik jetzt dringend handeln muss

Warum wird gerade Energie so teuer?

Weltweit steigen seit Monaten die Kosten für Rohöl, Gas und Kohle an den internationalen Handelsplätzen stark an, nachdem sie während der ersten Corona-Monate aufgrund von Lockdowns in Fabriken, Läden, Häfen und einer geringen Nachfrage deutlich gesunken waren. Die Weltwirtschaft springt jedoch wieder an, der Energiehunger ist international groß. Verbraucher bekommen dies mehrfach zu spüren. Heizöl hat sich um 76,5 Prozent, die Kraftstoffpreise um 28,4 Prozent, Erdgas um 5,7 Prozent und Strom um 2,0 Prozent verteuert. Die Energiepreise werden zudem durch die CO2-Abgabe verteuert, die seit diesem Jahr erstmals für Energieträger fällig wird. Auch interessant: Richtig Heizen: Mit diesen 10 Tipps sparen Sie tausende Euro

Gibt es weitere Gründe?

Die hohe Inflationsrate führt das Statistische Bundesamt auf mehrere Gründe zurück. Dazu zählt auch ein sogenannter Basiseffekt. Das heißt: Die Preise – gerade für Energie – waren im Jahr 2020 besonders niedrig, wodurch jetzt die Preissprünge entsprechend größer ausfallen. Zudem hatte die Bundesregierung im Rahmen eines Konjunkturpakets zwischen Juli und Dezember 2020 die Mehrwertsteuersätze von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent gesenkt. Dies verbilligte alle Waren. Zudem sorgen weltweite Rohstoffknappheit und Störungen in den Lieferketten für höhere Erzeuger- und Großhandelspreise, was viele Endprodukte verteuert.

Was ist mit Lebensmitteln und Mieten?

Überdurchschnittlich sind die Lebensmittelpreise um 4,9 Prozent gestiegen. Für Gemüse mussten Verbraucher im September 9,2 Prozent mehr bezahlen, für Eier 13,4 Prozent, für Fleisch und Wurst vier Prozent und für Obst 1,8 Prozent. Ein großer Posten im Haushaltsbudget vieler Menschen ist dagegen unterdurchschnittlich gestiegen: Die Kaltmieten haben sich nur um 1,4 Prozent verteuert. Angesichts steigender Rohstoffpreise haben sich Möbel um 4,4 Prozent verteuert. Für Fahrzeugreparaturen müssen 5,4 Prozent mehr bezahlt werden. Mehr dazu: Inflation: Diese Produkte sind bei Aldi, Lidl und Co. jetzt teurer

Wird die Inflation noch schlimmer werden?

Viele Experten bewerten die hohen Inflationsraten als vorübergehendes Phänomen und Folge der Pandemie. So könnte bis zum Jahresende die Inflationsrate zwar noch die Fünf-Prozent-Marke erreichen. Doch 2022 fallen Sondereffekte wie die Steuersenkung weg, sodass wieder mit einem Rückgang der Inflationsraten gerechnet wird. Gleichzeitig belebt sich die Weltwirtschaft. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, erwartet, dass die Inflation 2022 mit hoher Wahrscheinlichkeit eher zu gering als zu hoch ausfallen werde.

„Eine dauerhaft hohe Inflation ist sehr unwahrscheinlich und wäre eher ein Luxusproblem, denn dies würde eine dauerhaft boomende Wirtschaft erfordern.“ Stark steigende Löhne könnten theoretisch eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen. Doch Anzeichen gibt es hierfür derzeit nicht. Weitere Gefahren gehen von längerfristigen Rohstoffknappheiten und Lieferengpässen aus.

Kredit aufnehmen – lohnt sich das?

Eine höhere Inflation schmälert die Kaufkraft, da man sich weniger von seinem Geld kaufen kann. Gepaart mit den Niedrigzinsen sind vor allem Sparer doppelte Verlierer, da sie kaum Zinsen erhalten und ihr Geld an Wert verliert. Wer dagegen jetzt einen Kredit aufnimmt, kann sogar gewinnen, wie das Vergleichsportal Verivox vorrechnet. Die Hälfte der Verbraucher nehmen derzeit Ratenkredite für 2,99 Prozent Zinsen oder weniger auf. Damit liege der Realzins rund 1,1 Prozent unter der Inflation. Das sei „eine historische Ausnahmeerscheinung“, sagt Oliver Maier, Verivox-Geschäftsführer.