Berlin. Die brutale Gewalt im Iran ist unerträglich, meint unsere Autorin. Chamenei gehört auf die Terrorliste, die Diplomatie ist am Ende.

Das iranische Mullah-Regime hat in den vergangenen vier Monaten an Brutalität alles gezeigt, was es zu bieten hat. Es hat Sicherheitskräfte angewiesen zu prügeln, zu schießen, zu jagen. Es hat unzählige Festnahmen angeordnet – von jungen Frauen, Männern und sogar Schulmädchen, die direkt vom Klassenzimmer ins Gefängnis geworfen wurden. Es hat zugelassen, dass Teenager hinter Gittern zu Tode kamen, misshandelt, vergewaltigt.

Offiziell sollen 481 Menschen bei Protesten getötet worden sein, darunter 64 Kinder. Der Arm der Mullahs reicht dabei weit ins Ausland – auch nach Deutschland. Und auch dabei geht es um Leben und Tod, wie der Fall des Deutschiraners Jamshid Sharmahd zeigt, der 2020 vom iranischen Geheimdienst in Dubai gekidnappt wurde und unter Folter „Verbrechen gegen die iranische Republik“ gestand. Er sitzt in Einzelhaft, ihm droht die Todesstrafe.

Muss mit der Todesstrafe rechnen: Der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd. Sein Geständnis legte er unter Folter ab.
Muss mit der Todesstrafe rechnen: Der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd. Sein Geständnis legte er unter Folter ab. © AFP | KOOSHA MAHSHID FALAHI/AFP

Doch aller Gewalt zum Trotz: Die Menschen im Iran gehen weiter auf die Straße, seit Monaten schon, seit Jina Mahsa Amini, die junge Kurdin, in Polizeigewahrsam ihr Leben verlor. Auch nach den ersten Todesurteilen, die wegen „Kriegführung gegen Gott“ verhängt wurden. Und immer noch – wenn auch verhaltener – nach den ersten Hinrichtungen im Dezember.

Iran: Die Hinrichtungen sollen die Menschen abgeschrecken

Inzwischen sind es vier Männer, die gehängt wurden. Laut der in Oslo ansässigen Organisation Iran Human Rights droht 109 Menschen die Hinrichtung. Tatsächlich hat das Regime mit dieser Brutalität erreicht, dass die Menschen vorsichtiger werden, leiser agieren, seltener auf die Straße gehen. Doch die Situation gleicht einem Vulkan, dem kurz vor dem Ausbruch ein loser Deckel aufgelegt wird. Lesen Sie auch den Kommentar: Iran – Nur ein Verbrecherregime tötet das eigene Volk

All den Menschen, die im Iran und im Ausland demonstrieren, geht es längst nicht mehr um das Kopftuch. Ihnen geht es um ihre Freiheit und damit um ihr Leben. Getrieben werden sie vom Gefühl, dass sie nichts mehr zu verlieren haben. Sie wollen Gewalt und Diskriminierung beenden, Geschlechtergerechtigkeit herstellen, Menschenrechte verankern.

„Frauen, Leben, Freiheit“: Was das Motto der Protestbewegung für Baerbock bedeutet

Fällt was auf? Ja, so klingen auch die Grundprinzipien einer feministischen Außenpolitik, zu der sich auch die Ampel-Regierung bekennt. Diese Politik soll der Grundpfeiler sein, der weltweit zu Frieden und Sicherheit führt. Wenn die Außenpolitik Deutschlands und übrigens auch anderer westlicher Länder wie Schweden, Frankreich oder Spanien derart offenkundig mit dem Ziel der Protestbewegung – „Frauen, Leben, Freiheit“ – übereinstimmt, dann wäre es nur logisch, dass die Bundesregierung alles daransetzt, die Bewegung zu stärken und das Regime drastisch zu schwächen.

Verfolgt die Protestbewegung im Iran: Politik-Korrespondentin Birgitta Stauber.
Verfolgt die Protestbewegung im Iran: Politik-Korrespondentin Birgitta Stauber. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Bislang gibt es zwar scharfe Kritik, aber es fehlt das klare Bekenntnis, dass es sich um ein Terrorregime handelt, an dessen Spitze Ajatollah Ali Chamenei steht, oberster Rechtsgelehrter, Revolutionsführer und vor allem Oberbefehlshaber der Streitkräfte und der Revolutionsgarden. Chamenei persönlich gehört auf die Terrorliste der EU, seine brutalen Revolutionsgarden müssen als terroristische Organisation eingestuft werden. Mehr zum Thema: Was denken die Exil-Iraner in Deutschland über die Proteste?

Die Einbestellung des iranischen Botschafters ist ein Anfang. Doch es sollte dringend auf den Prüfstand, wie weit überhaupt diplomatische Beziehungen zu diesem gefährlichen Regime geführt werden können. Dazu gehört auch der Atom-Deal: Schließlich geht es dabei auch um die Aufhebung von Sanktionen, die wieder den Mullahs nutzen. Die Lage im Iran geht uns alle an. In Richtung Annalena Baerbock sei gesagt: Es geht um Haltung – um jede Gelegenheit, das Terrorregime zu schwächen. Auch interessant: 70-jährige kämpft zum zweiten Mal für die Revolution