Berlin. Die Kritik am abgeschwächten Klimapaket zeigt Wirkung. Die Regierung will die Steuern auf Flugreisen nun stärker erhöhen als geplant.

Die scharfe Kritik am Klimapaket mit einer sehr niedrigen CO2-Abgabe zeigt zumindest beim Fliegen Wirkung. Die Koalition aus Union und SPD will in der aufgeheizten Mega-Debatte die Lufthoheit zurückgewinnen und erhöht die Steuern auf Flugreisen stärker als ursprünglich geplant.

Wie unsere Redaktion aus Regierungskreisen erfuhr, wird Finanzminister Olaf Scholz (SPD) an diesem Mittwoch im Kabinett ein Gesetzespaket vorlegen, mit dem die sogenannte Luftverkehrsabgabe auf Inlandsflüge sowie Mittel- und Langstreckenflüge zum 1. April 2020 deutlich angehoben werden soll. Mit den zusätzlichen Einnahmen von 740 Millionen Euro im Jahr sollen unter anderem die reduzierte Mehrwertsteuer auf Bahntickets bezahlt werden.

Klimapaket: Regierung will Bürger noch mehr entlasten

Ob das Modell Bahn billiger, Fliegen teurer für den Klimaschutz tatsächlich aufgeht und die Steuerbeschlüsse eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung bei Geschäftsreisenden und Verbrauchern auslösen, ist ungewiss.

Aber auch bei den im Klimapaket geplanten Entlastungen der Verbraucher, insbesondere von Auto-Pendlern mit kleinem Geldbeutel, hat die Koalition noch einmal nachgerechnet und will ein bisschen mehr locker machen.

Die konkreten Maßnahmen im Überblick:

Fliegen: Die 2011 eingeführte Luftverkehrsteuer für Flüge im Inland und in EU-Staaten (bis 2.500 Kilometer) wird zum April 2020 von derzeit 7,50 Euro auf 13,03 Euro angehoben. Das ist ein Anstieg von 73 Prozent. Auf der Mittelstrecke, bei Flügen zwischen 2500 und 6000 Kilometern, steigt die Abgabe von 23,43 auf 33,01 Euro. Bei Langstreckenflügen kassiert der Bund künftig von den Airlines nicht mehr 42,18 Euro, sondern 59,43 Euro. Das ist eine Preissteigerung von 41 Prozent.

Da die Fluggesellschaften die Abgaben in der Regel komplett an die Kunden weiterreichen, dürften die Steuererhöhungen ab dem Frühjahr 1:1 auf die Ticketpreise durchschlagen.

Kritik, eine ökologische Lenkungswirkung werde mit ein paar Euro mehr wohl kaum erzielt werden, wird im federführenden Finanzministerium zurückgewiesen. Mit Großbritannien stehe Deutschland bald bei den Abgaben auf Flüge europaweit an der Spitze, andere EU-Länder würden Tickets weitaus weniger besteuern. So könnte neben der höheren deutschen Ticketsteuer eine weitere Vorschrift aus dem Klimaschutzpaket eine noch größere Wirkung entfalten.

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Verbot von Super-Schnäppchenflügen für Ryanair, Easyjet und Co.

Verkehrs- und Wirtschaftsministerium wollen mit einer Verordnung Billigairlines wie Ryanair, Easyjet & Co. in Zukunft untersagen, Super-Schnäppchenflüge anzubieten, bei denen der Preis unter den Kosten von Steuern, Entgelten und Zuschlägen liegt.

Bereits zum 1. Januar 2020 sinkt die Mehrwertsteuer auf Bahntickets von 19 auf 7 Prozent. Der Vorstand des staatseigenen Konzerns hat versprochen, dies direkt an die Kunden weiterzugeben und wirbt bereits mit um zehn Prozent niedrigeren ICE-Ticketpreisen im Fernverkehr 2020. Im Nahverkehr werden jedoch steigende Preise von etwa 1,7 Prozent erwartet.

Pendler: Wie bereits bekannt, wird zum 1. Januar 2021 die Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer von 30 auf 35 Cent erhöht. Damit sollen Pendler entlastet werden, die wegen der Einführung der CO2-Bepreisung absehbar beim Tanken mehr Geld für Diesel und Benzin zahlen müssen. Die Pauschale erhält jeder Steuerzahler unabhängig vom Verkehrmittel, also auch Fußgänger, Radfahrer und Pendler in Bus und Bahn. Dieser Fakt war Grünen-Chef Robert Habeck kürzlich entfallen – er patzte im ARD-Interview zur Pendlerpauschale.

In die Röhre hätten bis zu 250.000 Pendler geguckt, die weniger Einkommen als den Grundfreibetrag von 9408 Euro (2020) haben, so dass sie gar keine Steuern zahlen. Für diese Geringverdiener soll eine Mobilitätsprämie eingeführt werden, die „völlig unbürokratisch“ direkt auf das Konto überwiesen werden soll. Dafür reiche ein Antrag mit dem zu versteuernden Einkommen und wie viele Kilometer der Arbeitsweg betrage.

Gebäudesanierung: Seit Jahren ringen Bund und Länder um eine Förderung einer klimafreundlichen Gebäudesanierung. Nun ist geplant, dass bei selbst genutzten Häusern und Wohnungen, die mindestens zehn Jahre alt sind, eine bessere Dämmung, neue Fenster und Türen, neue Heizungen oder eine Gesamtsanierung über drei Jahre mit insgesamt bis zu 40.000 Euro über die Staatsbank KfW steuerlich gefördert werden - bis zu einer Grenze der Sanierungskosten von 200.000 Euro.

Durch die Zuschüsse werden Bund und Länder vom kommenden Jahr auf mehr als 200 Millionen Euro an Einnahmen verzichten müssen. In der Vergangenheit waren an der Kostenverteilung vergleichbare Pakete zur Gebäudesanierung politisch gescheitert.

Strom: Stromkunden in Deutschland müssen sich im kommenden Jahr auf höhere Preise einstellen. Die Umlage zur Förderung von Ökostrom steigt um mehr als fünf Prozent. Das gaben die Betreiber der großen Stromnetze am Dienstag bekannt. Die sogenannte EEG-Umlage beträgt demnach im kommenden Jahr 6,756 Cent pro Kilowattstunde und ist damit um 5,5 Prozent höher als in diesem Jahr mit 6,405 Cent.

Die EEG-Umlage macht ungefähr ein Viertel des Strompreises aus und finanziert die festen Vergütungen, die Ökostrom-Produzenten für die Einspeisung ihres Stroms bislang unabhängig vom Marktpreis bekommen.

Ein Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden Strom wird allein aufgrund der höheren EEG-Umlage 18 Euro mehr pro Jahr zahlen. Allerdings sollen die Verbraucher mit dem Klimaschutzpaket beim Strom künftig um einen etwas geringeren Betrag entlastet werden.

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