Berlin. Justizminister Buschmann über seine Kindheit im Ruhrgebiet, seinen Aufstieg in der Politik – und warum er Wahlkampfsongs komponierte.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat ein konsequentes Vorgehen im Kampf gegen kriminelle Clan-Mitglieder gefordert, die auch in seinem Wahlkreis im Gelsenkirchener Süden „präsent sind“. Konsequent, das bedeute „ein bisschen härter“, so Buschmann im BrostCast, dem Ruhrgebiets-Podcast der Essener Brost-Stiftung. „Es gibt nun mal böse Menschen, und denen muss sich der Rechtsstaat entgegenstellen.“

Seine Kindheit in Gelsenkirchen hat Buschmann, 45, „total positiv in Erinnerung“. Seine Familie repräsentiere die „mittlere oder untere Mittelschicht.“ Zeitweise lebte die Familie zu fünft auf 70 Quadratmetern, „mit der kranken Oma auf dem Sofa“. Sein erstes eigenes Zimmer, viereinhalb Quadratmeter, empfand er als „totalen Luxus“. Morgens klappte er das Bett in die Wohnwand, „sonst hätte ich nicht am Schreibtisch sitzen können“.

Nachbarschaftshilfe und Zusammenhalt in der Zechensiedlung im Stadtteil Erle empfand er als „bodenständig und sehr, sehr nett“. Die Maximen seiner Ruhrgebietserziehung: „Jammern hilfts nix. Von Nix kommt nix. Und nicht so auf die Kacke hauen.“ Obgleich in Hörweite der Schalke-Arena aufgewachsen, besaß er für Fußball „keinerlei Talent. Ich war mit dem Kopf schneller als mit den Füßen“.

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Marco Buschmann: Mit der Politik hatte er eigentlich schon abgeschlossen

Zur Politik kam Buschmann zufällig, weil eine Lehrerin über einen defekten VHS-Rekorder fluchte. Ihre Erklärung: Gesamtschulen seien bestens ausgestattet, Gymnasien würden vernachlässigt. Dem ging Buschmann nach und landete bei den Jungen Liberalen. Nach seinem Studium, bereits Anwalt in einer Düsseldorfer Großkanzlei, hatte Buschmann „mit der Politik abgeschlossen“.

Doch das gute Ergebnis der FDP 2009 bot den Gelsenkirchener Liberalen erstmals in der Geschichte der deutschen Demokratie einen Sitz im Bundestag. „Die Chance bekommt man nur einmal im Leben.“ Er habe sich gesagt: „Das machste jetzt.“ Nachdem die FDP 2013 aus dem Parlament geflogen war, traf sich Buschmann mit Hubertus Heil. Der SPD-Politiker, dem Buschmann sich verbunden fühlt, riet von einem Parteiamt ab. Noch in der derselben Nacht bot er Christian Lindner per SMS seinen Rückzug an, „auch wenn ich mit ihm befreundet bin.“ Der FDP-Chef lehnte ab.

Buschmann komponierte Wahlkampfsongs

Weil die Partei kein Geld hatte, komponierte Buschmann mehrere Wahlkampfsongs. Als Schüler hatte ihm seine Großmutter Keyboard-Stunden spendiert. Auf einem Atari ST bastelte er „jeden Tag ein paar Minuten Sounds, egal wie schlecht.“ Eisern sparte er über Jahre seine Einnahmen aus Nachhilfe-Stunden für das Keyboard Yamaha PSR 47, mit dem er für Theaterstücke und ein Schulmusical komponierte. „Kuriose Klangeffekte“ lieferte er zudem für die Band Los Penderejos, ein Kunstname. „Wir waren damals im Tarantino-Fieber, da musste alles spanisch klingen.“

Buschmann verehrt „großartige Künstler“ wie Vangelis, Hans Zimmer und John Williams, die für ihre Filmmusiken mehrfach mit einem Oscar ausgezeichnet wurden. „Die lassen es richtig krachen.“ Unter dem Künstlernamen MBSounds veröffentlicht er beim Streamingdienst Soundcloud pompöse Stücke mit dramatischen Titeln wie „Excalibur calls Arthur“. Der Justizminister, ein Nerd? „Ja, doch, total. Musik ist das schönste Hobby der Welt.“ Ein DJ sei er aber nicht, wie mehrfach behauptet: „Ich wüsste gar nicht, wie das geht.“

Dass seine sozialdemokratisch regierte Heimatstadt versucht, ihren ersten und einzigen Bundesminister „so weit wie möglich zu ignorieren“, erträgt Buschmann gelassen. Seine Mutter sei „furchtbar stolz. Und das freut mich.“ Wird es einst ein Buschmann-Denkmal in Gelsenkirchen geben? Der Minister wehrt ab. „Das wäre mir eher peinlich.“ (fmg)