Berlin. Schön wäre, wenn Bund und Länder die Maskenpflicht einfach überall in eine Empfehlung umwandeln könnten. Doch dafür ist es zu früh.

Maske auf, Maske ab, Maske auf. Wer sich in diesen Tagen mit Flugzeug, Zug, Bus und Bahn durch Deutschland bewegt, sollte seine Reise sorgfältig vorbereiten. Willkommen im Regel-Dschungel.

Der reale Irrsinn geht zum Beispiel so: Wer mit dem ICE durch Sachsen-Anhalt fährt, muss Maske tragen. Wer aussteigt und mit dem Regionalexpress weiterreist, darf sie absetzen. Sobald der Zug nach Brandenburg kommt, gilt wieder Maskenpflicht. Aber erstmal nur bis zum 21. Dezember. Kann sein, dass dann alles anders wird. Oder auch nicht.

Masken im ÖPNV: Was gilt denn nun – und wie lange?

Noch irrer wird es, wenn man mit dem Fernbus, sagen wir mal von Wien nach Berlin, fährt. In Österreich muss im Fernbus keiner mehr Maske tragen. In Deutschland, so hieß es bis vor kurzem, gilt Maskenpflicht auf der ganzen Strecke, weil diese Sorte Bus anders als normale Busse maskenmäßig wie ein ICE behandelt wird. An der Grenze gab es deshalb oft die Ansage: "Wir kommen nach Deutschland, also Maske auf!"

Offenbar sind die Fahrer durch das innerdeutsche Maskenchaos inzwischen aber so verunsichert, dass sie gar nichts mehr sagen. Der Effekt: Viele lassen die Maske in der Tasche. Kontrolliert ja eh keiner.

Julia Emmrich, Politik-Korrespondentin
Julia Emmrich, Politik-Korrespondentin © Anja Bleyl | Anja Bleyl

Sicher, es gibt nicht so viele Menschen, die im Alltag ständig zwischen mehreren Bundesländern und diversen Regelwelten hin und her pendeln. Aber es nervt nun mal extrem, wenn man alle Nase lang nachschauen muss, ob das, was gestern noch galt, heute immer noch gilt. Bei der Maskenpflicht und erst Recht bei den von Land zu Land unterschiedlichen Vorschriften zur Isolation für Infizierte.

Corona-Regeln: Am Ende nur Parteipolitik?

Hinzu kommt das bittere Gefühl, dass bei den pandemischen Egotrips der Länder im dritten Corona-Winter nicht gesundheitliche Gründe die zentrale Rolle spielen, sondern Parteipolitik. CSU-Ministerpräsident Markus Söder, der sich am Anfang der Pandemie als Einpeitscher im Team Vorsicht profilierte, ist jetzt, ein Jahr vor der bayerischen Landtagswahl, ganz vorne dabei, wenn es um Lockerungen geht.

Ärgerlich ist aber auch die Reaktion derjenigen Länder, die vorerst vorsichtig bleiben wollen: Es gehört schon ziemlich viel Hartleibigkeit dazu, wenn die Regierungschefs von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen jetzt erklären, es sei kein Problem, dass die Länder die letzten Maßnahmen gegen Corona in unterschiedlicher Geschwindigkeit abschaffen.

Wie bitte? Kein Problem? Nicht erst seit der Pandemie wissen doch alle, wie wichtig es für die Akzeptanz staatlicher Regeln ist, dass sie für alle gelten. Und jetzt soll der Flickenteppich auf einmal der Glaubwürdigkeit nicht mehr schaden? Nun ja, räumen die beiden ein, gut sehe das nicht aus, aber was soll’s. Es ist beschämend: Die 16 Länder kriegen keine einheitliche Regelung hin und zucken einfach mit den Achseln.

Maskenpflicht: Es wäre falsch, den Erfolg ohne Not aufs Spiel zu setzen

Viel schöner als das Maskenchaos wäre es, wenn Bund und Länder die Maskenpflicht einfach überall in eine dringende Empfehlung umwandeln könnten. Verbunden mit dem klugen Gedanken, dass FFP2-Masken nicht nur gegen das Coronavirus schützen, sondern auch Influenzaviren und andere Erreger abhalten, wie Ärzte immer wieder betonen.

Doch dafür ist es zu früh. Dass Deutschland die pandemische Lage derzeit halbwegs im Griff hat, liegt auch daran, dass vielerorts die Maskenpflicht weiter gilt. Und sich immer noch viele ohne großes Gejammer einfach daran halten. Es wäre falsch, diesen Erfolg jetzt ohne Not aufs Spiel zu setzen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.