Washington. Schusssicheres Glas in den Fenstern, bewaffnete Wächter vor der Tür. Trumps militante Anhänger versetzen Behörden in Alarmbereitschaft.

In Flagstaff/Arizona sind die Fenster in einigen Wahllokalen mit schusssicherem Glas nachgerüstet worden. In Tallahassee/Florida haben die Offiziellen an Orten, wo am 8. November die Stimme abgegeben werden darf, die Wände zusätzlich mit Kevlar verstärkt – einem Material, wie es in schusssicheren Westen der Armee eingesetzt wird.

In Jefferson County/Colorado schließlich, ein Beispiel unter Dutzenden, werden die größten Wahllokale rund um die „midterms”, die Zwischenwahlen in den USA, von jeweils vier bewaffneten Wächtern eines privaten Sicherheitsdienstes geschützt. Drei Beispiele, die illustrieren, wie groß in den USA vor den Wahlen zum Kongress in Washington die Angst vor gewalttätigen Zwischenfällen am Wahltag und danach ist.

USA: In Internet-Nischen häufen sich Aufrufe, „zu den Waffen” zu greifen

Justizministerium, Heimatschutzministerium und FBI haben im Nachgang des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 durch militante Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump Arbeitsgruppen eingerichtet, um der diffusen Bedrohungslage gewachsen zu sein.

In rechtsextremistischen Nischen des Internets (zu finden unter anderem auf Telegram) häufen sich Aufrufe von Millionären, „zu den Waffen zu greifen”, um beim kleinsten Verdacht von Unregelmäßigkeiten in einzelnen Wahlbezirken zu verhindern, dass „erneut eine Wahl manipuliert wird”.

Damit wird direkt angeschlossen an die hartnäckig von Donald Trump beatmete, gerichtlich zigfach widerlegte Erzählung, dass ihm 2020 der Sieg bei den Präsidentschaftswahlen „gestohlen” worden sei.

Midterms in den USA: Republikaner auf den Spuren von Trump

In 48 von 50 Bundesstaaten gehen bei den Wahlen am Dienstag der übernächsten Woche rund 300 „election denier” ins Rennen. Das sind Republikaner, die ideologisch auf den Spuren Trumps wandeln und ihren Wählergruppen bereits heute sagen, dass im Falle einer Niederlage Betrug im Spiel gewesen sein muss.

Das schlägt sich in Umfragen nieder: Jeder fünfte konservative Wähler glaubt demnach, dass Gewalt gegen die Regierung „vertretbar” sei. Mehr zum Thema: Deutschland und USA – Die Wahlsysteme im Vergleich

Zusätzliches Öl kippen Abgeordnete wie Marjorie Taylor Greene ins Feuer. Die Trump-hörige Politikerin aus Georgia sagte kürzlich bei einer Kundgebung ohne jeden belastbaren Verweis auf die Realität: „Demokraten wollen Republikaner tot sehen. Und sie haben schon mit dem Töten angefangen.”

Massive Anfeindungen in den USA – bis hin zu Morddrohungen

Beim Urnengang am 8. November, davor warnt die Bundespolizei FBI, sind vor allem die ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Wahllokalen potenziell gefährdet. Hunderte von ihnen meldeten nach der Wahl 2020 massive Anfeindungen – bis hin zu Morddrohungen. Zentraler Auslöser: Trumps Lüge vom angeblich flächendeckenden Wahlbetrug der Demokraten.

Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, haben staatliche Sicherheitsorgane in den vergangenen Wochen spezielle Kurse für „election worker” angeboten; bis hin zu Verhaltensregeln im Falle eines Angriffs mit Schusswaffen.

Dort wurden Techniken zur Deeskalation eingeübt, wenn „wütende Wähler” in Wahllokalen auftauchen sollten, um sich etwa in die Auszählung der Stimmzettel einzumischen. In Dane County/Wisconsin wurde 65 Wahl-Helfern kürzlich in einer Zoom-Konferenz eingetrichert, niemals auf eigene Faust eine potenzielle gewalttätige Situation zu entschärfen, „ohne vorher polizeiliche Verstärkung gerufen zu haben”.

Parteiensystem in den USA: Das sind Republikaner und Demokraten

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    USA: Sorgen über Störmanöver aus Russland

    Joe Bidens Justizminister Merrick Garland sah sich veranlasst, offiziell die rote Linie zu ziehen: „Drohungen und Gewalt gegen Wahlbeamte sind gefährlich für unsere Demokratie. Wir werden alle Ressourcen nutzen, um die Täter zur Verantwortung zu ziehen.”

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    Militante Gruppen wie die „Three Percenters”, „Oath Keepers” und „Proud Boys”, allesamt Trump-Anhänger, konzentrieren sich laut FBI auf einzelne Wahl-Bezirke in besonders umkämpften Bundesstaaten. Gemeldet wurden bereits Fälle von Einschüchterungen an einzelnen Briefwahl-Sammelstellen. In Arizona wurden etwa Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe gefilmt und ihre Autokennzeichen wurden aufgeschrieben.

    Besondere Sorgen bereiten den Sicherheitsbehörden Störmanöver ausländischer Akteure aus Russland und China, die bereits bei vorherigen Wahlen durch gezielte Desinformation in sozialen Medien Unruhe stifteten und Betrugsszenarien fabrizierten.

    Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.