Washington/Berlin. John Fetterman hat Pennsylvania bei den Midterms für die Demokraten zurückerobert. Er ist ein ungewöhnlicher Politiker – auch optisch.

Der „Held“ der Demokraten trägt Kapuzenpullis und Cargohosen: John Fetterman hat bei den Midterms in den USA den Bundesstaat Pennsylvania zurückerobert. Wer ist dieser Mann?

Um John Fetterman auf die Schulter zu klopfen, brauchen viele Demokraten einen Hocker. Der strahlende Sieger hat viele Jahre Football gespielt und ist 2,03 Meter groß. Mit seinem Sieg haben die Demokraten den Republikanern einen der 100 Sitze im Senat abgenommen – ein gewaltiger Schritt, der helfen könnte, ihre hauchdünne Mehrheit im Senat zu verteidigen.

Der 53-jährige Hüne gäbe mit Glatze, Bart, zahlreichen Tätowierungen und lässigem Hoodie einen prima Jugendleiter im sozio-kulturellen Zentrum nebenan ab. Er entspricht so gar nicht dem Klischeebild eines Senators.

US-Midterms: Fetterman war „coolster Bürgermeister Amerikas“

Doch Als Vize-Gouverneur des Bundesstaates und ehemaliger Bürgermeister hat sich Fetterman den Ruf eines harten Streiters für Arbeitnehmerinteressen erworben. Der britische „Guardian“ nannte ihn den „coolsten Bürgermeister von Amerika“. Und tatsächlich hat er, wenn er auf der Wahlkampfbühne steht, mehr von einem Roadie, der die Kisten schleppt, als von einem Politiker kurz vor seinem Auftritt.

Fetterman macht Politik mit klaren Sätzen und einfachen Aussagen, ist sehr nah an den Menschen. Und tatsächlich hat er es geschafft, die zu den Republikanern abgewanderte Wähler zurückzuholen.

Ein Schlaganfall warf John Fetterman aus der Bahn

Vor den Wahlen hatte Fettermans Klartext allerdings extrem gelitten. Er hatte im Frühsommer einen Schlaganfall erlitten, den er zunächst verheimlichte. Er stellte sich sogar einer TV-Debatte und machte dabei eine teilweise eher bemitleidenswert hilflose Figur.

Doch die Wählerinnen und Wähler glaubten, dass er ein besserer Senator ist als der Republikaner Mehmet Oz – ein über 100 Millionen Dollar schwerer TV-Doktor mit türkischen Wurzeln. Der Trump-Zögling, der seinen Lebensmittelpunkt in New Jersey hat, also ortsfremd ist, hatte das Nachsehen.

Fetterman, der in einem wohlhabenden Elternhaus aufwuchs und Betriebswirtschaft studierte, gehört zum linken Flügel der Demokraten. Im Präsidentschaftswahlkampf hat er Bernie Sanders unterstützt, nicht Joe Biden.

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Fetterman trägt die Todesdaten von Gewaltopfern als Tattoo

Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Seine Frau Gisele kam als Kind mit ihren Eltern illegal aus Brasilien in die USA. Die Familie lebt in einem umgebauten Fabrikgebäude in der überwiegend schwarzen Stahlstadt Braddock.

13 Jahre war Fetterman in Braddock Bürgermeister, kämpfte für die Wiederbelebung heruntergekommener Stadtteile und gegen die wachsende Kriminalität – in seinen Augen wohl nicht erfolgreich genug. Auf seinem rechten Arm sind neun Daten eintätowiert, es sind die Todestage von neun Menschen, die in seiner Amtszeit, in seiner Stadt Opfer von Gewalt wurden.

Fetterman kämpft für die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Dollar pro Stunde, will die Steuern für reiche erhöhen, ist für die Legalisierung von Marihuana, will die Strafjustiz reformieren und gleichgeschlechtliche Ehen besser schützen. Außerdem hat er angekündigt, nach seinem Amtsantritt einen etwas formaleren Kleidungsstil zu pflegen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.