Berlin. Menschenrechtler kritisieren die Unterbringung von Wohnungslosen. Betroffene müssten teilweise Jahre in Notunterkünften verbringen.

Viele Wohnungslose in Deutschland müssen nach Ansicht des Instituts für Menschenrechte zu lange in Notunterkünften leben. Wie aus einem am Mittwoch vorgestellten Menschenrechtsbericht hervorgeht, lebe jeder Dritte länger als zwei Jahre in solchen Provisorien.

Die Aufenthaltsdauer in den Unterkünften müsse wieder verkürzt werden, forderte das Institut. Zumindest aber müssten sich vielerorts die Bedingungen verbessern. Die Einrichtungen seien für einen längeren Aufenthalt der Menschen nicht ausgelegt.

Menschenrechtler: Notunterkünfte teils „an der Grenze zur Verwahrlosung“

Bei der Unterbringung bestünden erhebliche Unterschiede: „Manche Kommunen stellen ganz normale Wohnungen bereit, andere Mehrbettzimmer in Sammelunterkünften. Teilweise sind die hygienischen Bedingungen gut, teilweise sind die Unterkünfte an der Grenze zur Verwahrlosung“, heißt es in dem Bericht.

Das sei besonders problematisch, wenn Wohnungslose dort teilweise Jahre leben müssten. Zudem mangele es an Fachkräften der Sozialarbeit, die die Menschen dabei unterstützen, wieder in eigenen Wohnraum zu kommen.

Einer der Gründe für die Wohnungslosigkeit sei der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Besonders schwierig sei die Lage für Menschen, die aus der Psychiatrie, Suchtkliniken oder Jugendeinrichtungen entlassen werden sowie für Ältere.

Bis zu 650.000 Wohnungslose in Deutschland

Aus Erhebungen einzelner Bundesländer geht hervor, dass in den vergangenen Jahren bundesweit jeweils einige Zehntausend Menschen in Notunterkünften untergebracht waren. Die Zahlen steigen, in Berlin beispielsweise haben sie sich dem Bericht zufolge bereits zwischen 2014 und 2016 verdreifacht. Bundesweite Daten gibt es nicht.

Die genaue Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland ist nicht erfasst. Eine Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) vom Juli geht von bis zu 650.000 Menschen aus. Viele leben in Notunterkünften des Staates, können dort aber nur für ein paar Stunden in der Nacht unterkommen.

Als wohnungslos gelten nicht nur Menschen, die auf der Straße leben, sondern alle, die über keinen eigenen Wohnraum verfügen. Dazu zählen Personen, die bei Freunden unterkommen, in einem Wohnwagen leben, in Notunterkünften, Übergangswohnheimen oder auch in Flüchtlingsunterkünften, obwohl sie eigentlich in eine eigene Wohnung ziehen könnten. (mbr/epd)