Erfurt. Wochenlang hat sich die Regierungskoalition über ein Thüringer Hilfsprogramm für Flüchtlinge gestritten – nun gibt es eine Einigung. Ob darüber jemals schutzbedürftige Menschen in den Freistaat kommen werden, ist offen.

Nach langem koalitionsinternen Streit hat sich das Kabinett darauf verständigt, ein eigenes Thüringer Aufnahmeprogramm für in Griechenland festsitzende Flüchtlinge aufzulegen. Damit sollen bis Ende 2022 bis zu 500 besonders schutzbedürftige Menschen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen für Thüringen bekommen, wie das Migrationsministerium am Dienstag in Erfurt mitteilte. Zu dieser Gruppe Menschen sollen unter anderem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, allein reisende Frauen und Schwangere gehören.

Die Landesregierung zeige, dass sie sich ihrer humanitären Verantwortung bewusst ist, erklärte Thüringens Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) nach der Sitzung des Kabinetts. „Ich bin zufrieden.“ Aus dem Kreis der Bundesländer gehe Thüringen mit einem solchen Programm nun vorweg. Allerdings sind im Zusammenhang mit dem Programm noch viele Fragen zu klären.

In den vergangenen Wochen wollte Adams bis zu 2000 besonders schutzwürdige Flüchtlinge aus den völlig überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln nach Thüringen holen. Diesen Vorstoß wollte innerhalb der Koalition aber die Thüringer SPD nicht mittragen. CDU, FDP und AfD lehnen ein eigenes Hilfsprogramm grundsätzlich ab.

Die Union bekräftigte ihre Ablehnung nun noch einmal. Adams stelle mittlerweile im Wochentakt neue Variationen eines Flüchtlingsaufnahmeprogramms vor, sagte der migrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Marcus Malsch. „Für die CDU-Fraktion bleibt es dabei: Die Probleme in den griechischen Lagern lassen sich nicht von Thüringen aus lösen.“ Es dürfe in Flüchtlingsfragen keinen Thüringer Alleingang geben.

Die Grünen begrüßten den Beschluss der Landesregierung dagegen. „Endlich gibt es eine Einigung“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich. Die europäische Lösung, die die Gegner des Programms regelmäßig als eines ihrer Argumente anführten, sei nicht in Sicht.

Ob allerdings jemals tatsächlich Menschen mit Hilfe des Programms in den Freistaat kommen werden, ist offen. Denn für die Umsetzung des geplanten Programms bräuchte Adams auch die Zustimmung des Bundes. Er hoffe darauf, mit dem Bund in „ein Dialogverfahren“ zu kommen. Dabei könnte der Bund dem Freistaat mitteilen, welche Punkte möglicherweise noch angepasst werden müssten, damit das Programm zustimmungsfähig ist, sagte Adams. Von einem solchen Vorgehen würden auch andere Bundesländer profitieren, die ein ähnliches Programm planten.

Selbst nach einer Zustimmung des Bundes muss Adams aber dann noch die Thüringer CDU von den Plänen überzeugen. Rot-Rot-Grün hat im Landtag keine eigene Mehrheit und wäre auf CDU-Stimmen angewiesen, weil für das Programm Geld im Haushalt bereitgestellt werden muss.