Berlin. Eine gute Nachricht für alle Rentner: Die Renten in Deutschland sollen im kommenden Jahr deutlich steigen. Doch es gibt auch Probleme.

  • Die Nachricht über die Rentenerhöhungen im kommenden Jahr sorgte vor einigen Wochen für viel Wirbel
  • Doch mit den Plänen der Ampelkoalition verringert sich der Umfang der Erhöhung deutlich
  • Und auch für die Jahre danach sieht es eher nach Nullrunden aus

Es ist eine hocherfreuliche Nachricht für die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland: Nachdem sie im laufenden Jahr im Westen eine Nullrunde und im Osten nur eine Mini-Erhöhung um 0,72 Prozent erhielten, verspricht das kommende Jahr sehr deutliche Rentensteigerungen. In Westdeutschland wird im Juli 2022 nach offizieller Schätzung der Deutschen Rentenversicherung ein Plus um 5,2 Prozent erwartet, im Osten soll es sogar bei 5,9 Prozent liegen. Damit folgt gewissermaßen ein Extrem auf das nächste.

Denn im laufenden Jahr war die Erhöhung als Folge der Corona-Krise erstmals seit 2010 für viele Ruheständler ausgefallen. Nun sieht es hingegen danach aus, als könnten die Bezüge gerade im Westteil der Republik so stark steigen wie seit fast 40 Jahren nicht mehr. 1983 hatte es ein Plus von 5,59 Prozent. In Ostdeutschland stiegen die Renten zuletzt 2016 um 5,95 Prozent. Der Zuwachs bewegte sich damit in vergleichbarer Höhe wie jetzt für 2022 erwartet. Bleibt es bei der nun geschätzten Erhöhung, steigt eine monatliche Rente von 1000 Euro, die nur auf Westbeiträgen beruht, zum 1. Juli des nächsten Jahres um 52 Euro. Bei einer gleich hohen Rente mit Ostbeiträgen wären es 59 Euro mehr im Monat.

Rente: Weitere Nullrunden drohen

Auch für das Jahr darauf ist die Rentenversicherung optimistisch und sagt für 2023 eine weitere Erhöhung voraus. Im Westen könnten die Bezüge dann schätzungsweise um 4,9 Prozent steigen, im Osten um 5,7 Prozent. Zugleich sollen die Beitragssätze für die kommenden Jahre stabil bleiben.

Rente: Diese Änderungen sollen mit Ampel-Koalition kommen

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    Dies ist vor allem für Beschäftigte und Arbeitgeber wichtig, die den Beitrag jeweils zur Hälfte finanzieren. In der mittleren Variante der Vorausberechnungen bleibt der Beitrag bis zum Jahr 2023 beim aktuellen Wert von 18,6 Prozent. In den Folgejahren steigt er auf 19,5 Prozent 2024 und 19,7 Prozent im Jahr 2025. Danach steigt er schrittweise bis 2035 auf 22,3 Prozent. Das Rentenniveau wird wiederum bis 2025 bei mindestens 48 Prozent festgeschrieben. Dies hat die bisherige Bundesregierung festgelegt. Auch die potenziellen Ampel-Partner SPD, Grüne und FDP wollen sich daran halten. Danach soll es kontinuierlich absinken und 2025 bei 45,7 Prozent liegen. Doch die jetzt der vorgestellte Koalitionsvertrag könnte dafür sorgen, dass die Erhöhung im kommenden Jahr doch nicht so hoch ausfällt. Denn: Die Ampel-Parteien wollen bei der Rente den Nachholfaktor wieder einführen. Das hätte für Rentnerinnen und Rentner gravierende Folgen, wie Sie in diesem Text lesen können.

    Rente: Weitere Nullrunden kommen nach 2023

    Ungeachtet davon sieht es nach der geplanten Rentenerhöhung im nächsten Jahr eher schlechter aus: Nach 2023 müssen sich die Rentnerinnen und Rentner in Deutschland aber wahrscheinlich wieder auf weniger Erhöhungen einstellen. Gemäß gesetzlicher Mechanismen zur Stabilisierung werde es wieder zu Nullrunden kommen, sagte Anja Piel vom Vorstand der Rentenversicherung am Mittwoch in Berlin. Die Rentenhöhe steige stets in „einer Wellenbewegung“, die über mehrere Jahre betrachtet werden müsse.

    Nach der Erhöhungen in 2022 werden die Renten wohl wieder moderater steigen.
    Nach der Erhöhungen in 2022 werden die Renten wohl wieder moderater steigen. © epd-bild / Steffen Schellhorn

    Nach dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf des Rentenversicherungsberichts 2021 wird nach derzeitigem Stand eine durchschnittliche Steigerungsrate von 2,3 Prozent bis 2035 erwartet. Insgesamt gehen die Schätzer nach aktueller Berechnung von einem Rentenplus von 37 Prozent bis dahin aus.

    Deutliche Rentenerhöhung: Das sind die Gründe

    Grund für die Nullrunden im vergangenen Jahr war der konjunkturbedingte Einbruch der Beitragseinnahmen. Bereits im bisherigen Verlauf des Jahres hat sich die Konjunktur erheblich erholt. Dies ist wichtig beim Thema Rente, denn es ist ein entscheidender Faktor bei der Erhöhung der Bezüge. Grundlage für die Rentenanpassung ist nämlich unter anderem die durchschnittliche Lohnentwicklung im Vorjahr. Und 2021 war sie besser als erwartet.

    So ist unter anderem die Zahl der Menschen in Kurzarbeit von rund sechs Millionen im Frühjahr 2020 auf inzwischen weniger als eine Million zurückgegangen. Wer aus der Kurzarbeit heraus ist, erhält jetzt wieder seinen vollen Lohn. Zudem sind auch insgesamt die Löhne in diesem Jahr prozentual gestiegen. All dies führt zu einem statistischen Anstieg der Durchschnittslöhne aufs Gesamtjahr gesehen.

    Positiv zu Buche schlägt nach Angaben der Rentenversicherung auch, dass die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigten im bisherigen Jahresverlauf zugenommen hat. Dadurch steigen die Beitragseinnahmen der Rentenkasse voraussichtlich um 3,5 Prozent auf 231,6 Milliarden Euro in diesem Jahr. Diese Entwicklung wird ebenfalls bei der Bemessung der Rentenerhöhung berücksichtigt.

    Rente: Deutliche Erhöhung der Bezüge auch 2023

    Bleibt es bei der nun geschätzten Rentenerhöhung, steigt eine monatliche Rente von 1000 Euro, die nur auf Westbeiträgen beruht, somit zum 1. Juli um 52 Euro, eine gleich hohe Rente mit Ostbeiträgen um 59 Euro.

    Auch 2023 gibt es nach aktueller Schätzung eine deutliche Erhöhung der Bezüge. Im Westen könnten die Renten dann um 4,9 Prozent steigen, im Osten um 5,7 Prozent. Allerdings seien die Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung und somit auch zu den Rentenfinanzen von Unsicherheit geprägt, da die Entwicklung von den Auswirkungen der Pandemie abhänge.

    Die Angaben stammen vom Schätzerkreis Rentenversicherung, der aus Fachleuten der Rentenversicherung, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des Bundesarbeitsministeriums besteht. Zur endgültigen Einschätzung der Rentenfinanzen seien die Ergebnisse der Steuerschätzung abzuwarten. Sie werden kommende Woche erwartet.

    Reserve in der Rentenkasse wird wohl steigen

    Die Rentenschätzer gehen davon aus, dass die Reserve der Rentenkasse in diesem Jahr leicht steigt.

    • So werde für das Jahresende eine Nachhaltigkeitsrücklage von rund 37,2 Milliarden Euro geschätzt. Dies entspricht knapp 1,6 Monatsausgaben. Ende 2020 waren es 37,1 Milliarden.
    • Festzuhalten sei, „dass die gesetzliche Rentenversicherung die Pandemie bislang sehr gut überstanden hat“, so der Entwurf des Rentenversicherungsberichts.

    Das Sicherungsniveau vor Steuern, das das Verhältnis von Renten zu Löhnen zeigt, beträgt derzeit 49,4 Prozent.

    • Laut Schätzung soll es im Jahr 2025 mit 49,2 Prozent um 0,2 Prozentpunkte darunter liegen.
    • Gesetzlich ist ein Absinken des Rentenniveaus unter 48 Prozent bis 2025 ausgeschlossen.

    Dann büßt die Rente laut Berichtsentwurf Sicherungskraft ein: „Längerfristig sinkt das Sicherungsniveau über 47,6 Prozent im Jahr 2030 bis auf 45,7 Prozent zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Jahr 2035.“

    Der Beitragssatz soll nach der vorläufigen Berechnung bis 2023 beim aktuellen Wert von 18,6 Prozent stabil bleiben. Bis 2035 soll er auf 22,3 Prozent steigen. (dpa/bef)

    Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.