Wer im Ruhestand seine Angehörige betreut, kann vom Wechsel in die Teilrente profitieren. Wann sich das lohnt und worauf zu achten ist.

Den kranken Partner daheim zu pflegen, das ist für viele Rentnerinnen und Rentner eine Selbstverständlichkeit. Kaum bekannt ist: Sie können mit der Pflege auch ihre künftige Rente steigern – mit einem einfachen Trick: durch den Wechsel in eine sogenannte Teilrente ab Erreichen des regulären Rentenalters.

Mehr als 3,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Drei Viertel davon werden zu Hause versorgt, der Großteil meist alleine von Angehörigen. Für diese Leistung zahlt ihnen die Pflegeversicherung unter bestimmten Bedingungen Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse ein – auch Pflegenden, die schon Rente bekommen. Eine Voraussetzung ist, dass die zu pflegende Person Pflegegrad 2 bis 5 hat. Pflegegrad 1 ist also ausgenommen.

Viele pflegen schon jetzt den Ehepartner, verschenken aber womöglich Geld, das ihnen durch Teilrente zustünde.
Viele pflegen schon jetzt den Ehepartner, verschenken aber womöglich Geld, das ihnen durch Teilrente zustünde. © iStockphoto | iStockphoto/katleho Seisa

Profitieren können etwa Bezieher einer vorgezogenen Rente, die ihren Partner versorgen und dafür vielleicht sogar aus dem Beruf ausgestiegen sind. Sobald die pflegende Person jedoch ihre reguläre Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand erreicht, macht die Pflegeversicherung Schluss mit den Beitragszahlungen – es sei denn, es erfolgt ein Wechsel in eine Teilrente.

Der besondere Clou dabei: Die volle Rente muss nur sehr geringfügig – auf eine 99-prozentige Teilrente – abgesenkt werden, um in den Genuss fortgesetzter Beitragszahlungen durch die Pflegekasse zu kommen.

Inwieweit das im konkreten Fall finanziell lohnend ist, lässt sich einfach prüfen. „Dies ist abhängig einerseits von der Höhe der Rente, auf wie viel verzichtet der Rentner, und andererseits von der Höhe der Pflegebeiträge, wie hoch ist der Zuwachs“, erläutert Rentenexpertin Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund in Berlin.

Beispielrechnung: Für wen lohnt sich ein Wechsel in die Teilrente?

Den Abschlag um ein Prozent Rente können Bezieher einer 99-prozentigen Teilrente selbst berechnen. Bei einer Rente von beispielsweise 1000 Euro liegt das Minus bei 10 Euro monatlich. Die Höhe der Beiträge, welche die Pflegekasse leistet – und damit auch das Plus bei der Rente aufgrund der Pflege –, bestimmt sich nach dem Pflegegrad. Laut Bundesgesundheitsministerium werden die Pflegenden so gestellt, als hätten sie ein Arbeitseinkommen in festgelegter Höhe.

Beispiel: Herr Meier hat Pflegegrad 4 und erhält nur Pflegegeld. Für ein Jahr Pflege ihres Mannes ab Anfang 2022 erhält Frau Meier eine monatliche Zusatzrente von rund 24 Euro (24,29 Euro West; 23,72 Euro Ost). „Wird die Pflege nach Erreichen des eigenen regulären Rentenalters ausgeübt, wird dieser Betrag immer zum 1. Juli des darauffolgenden Jahres hinzugerechnet. Das heißt, die Beiträge für die Pflege 2022 werden ab dem 1. Juli 2023 die Altersrente erhöhen“, sagt Rentenexpertin Braubach.

Als Extra obendrauf kommt der DRV zufolge noch ein Zuschlag von 0,5 Prozent für jeden Monat seit dem regulären Rentenbeginn. Im Beispielfall erhöhen sich die rund 24 Euro mehr Rente um weitere 9 Prozent, also um gut 2 Euro – ergibt zusammen rund 26 Euro Rentenplus ab 1. Juli 2023. Die 9 Prozent errechnen sich aus 0,5 Prozent mal 18 Monate bei einer Anfang 2022 beginnenden Pflege.

Bei den anderen Pflegegraden nehmen die Renten laut DRV wie folgt zu (ohne Einrechnung des 0,5-Prozent-Zuschlags): um gut 9 Euro bei Pflegegrad 2 (9,37 Euro West; 9,15 Euro Ost), knapp 15 Euro bei Pflegegrad 3 (14,92 Euro West; 14,57 Euro Ost) und rund 34 Euro bei Pflegegrad 5 (34,70 Euro West; 33,89 Euro Ost). Werden neben dem Pflegegeld auch Sachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch genommen, fällt die Rentensteigerung geringer aus.

Wichtig zu wissen ist: Der Wechsel von einer Vollrente in eine Teilrente ist jederzeit zum 1. eines Monats möglich. Wer umgekehrt bereits eine Teilrente hat, kann die Entscheidung auch wieder revidieren und in die Vollrente zurück, etwa wenn die gepflegte Person verstirbt.

Möglichkeit der Teilrente bislang kaum wahrgenommen

Obwohl das Angebot schon einige Jahre besteht, wird es bislang kaum genutzt. Laut jüngster DRV-Statistik wurden 2020 gerade einmal rund 19.600 Renten als 99-prozentige Teilrente nach Erreichen des regulären Rentenalters ausgezahlt. Zum Vergleich: Insgesamt sind es fast 18,5 Millionen Altersrenten.

Eingeführt wurde die Teilrente ursprünglich, um Beschäftigten einen flexiblen Übergang in den Ruhestand zu erleichtern. Sie können eine Teilrente bereits vor Erreichen der regulären Altersgrenze beantragen, und zwar wahlweise zwischen 99 und 10 Prozent des vollen Betrags (abzüglich möglicher Rentenabschläge).

In Sachen Pflege gilt dabei: Ob Teilrente oder volle Rente, die Pflegeversicherung zahlt die gesetzlich vorgesehenen Beiträge an die Rentenkasse. „Der Bezug einer Teilrente ist hier nicht zwingend notwendig“, erläutert DRV-Fachfrau Braubach. Bis zum Erreichen des regulären Rentenalters kann es also bei der Vollrente bleiben, ohne auf den Beitragsvorteil für die Pflege verzichten zu müssen. Zu berücksichtigen ist, dass die Altersgrenze schrittweise auf 67 Jahre steigt.

In Sachen Hinzuverdienst gilt: Zu einer Teilrente können Ruheständler mehr dazuverdienen als Bezieher der vollen Rente, für die der Nebenverdienst normalerweise auf 6300 Euro pro Jahr begrenzt ist.

Aber Achtung: Wegen der Corona-Krise ist diese Regelung derzeit außer Kraft gesetzt. Wer eine vorgezogene Rente hat, kann nun zu einer Vollrente ein Einkommen von bis zu 46.060 Euro brutto im Jahr erzielen, ohne dass seine Rente gekürzt wird. Für Bezieher einer Teilrente gilt laut DRV, dass sie entsprechend mehr als 46.060 Euro dazuverdienen dürfen. Ob die Corona-Sonderregelung, die bereits 2020 und 2021 galt, verlängert oder gar entfristet wird, ist noch offen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.

SystemDie gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip.
Renten-ArtenGrund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente
AusnahmenSelbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit.
FinanzierungDie gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert.
ProblemeDie Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland.
Drei SäulenDie Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge.
UrsprungDie gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt.