München. Der Bundesfinanzhof hat wichtige Urteile für Rentner gefällt. Er legte erstmals eine Formel zur Berechnung der Besteuerung vor.

  • Die Doppelbesteuerung von Renten sorgte jahrelang für Streit
  • Der Bundesfinanzhof hat nun ein wegweisendes Urteil gefällt
  • Was der Bundesfinanzhof beschlossen hat und was das für Rentner bedeutet, lesen Sie hier

Deutschlands oberste Finanzrichter haben am Montag in zwei wegweisenden Urteilen Reformen bei der Besteuerung der Rente angemahnt. Erstmals legte der Bundesfinanzhof in München genaue Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung einer Doppelbesteuerung der Altersbezüge fest. Die Vorsitzende Richterin Jutta Förster sagte, nach diesen Rechenregeln „ergibt sich, dass viele Rentner von doppelter Besteuerung betroffen sein werden“.

Zwar unterlagen die Kläger in den beiden als Musterfälle geltenden Verfahren, in denen sie den deutschen Finanzbehörden eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung im jeweiligen persönlichen Fall vorwarfen. Das Gericht folgte der Sicht der Kläger nicht. Jedoch wies die Richterin darauf hin, dass das Problem als solches in den kommenden Jahren zunehmen werde. Es betrifft also weniger die 21 Millionen Rentner von heute, sondern zukünftige Ruheständler.

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    Rente: Besteuerung soll geändert werden

    Das Bundesfinanzministerium kündigte nach dem Urteilsspruch an, die Rentenbesteuerung zu ändern – allerdings erst nach der Bundestagswahl im September. „Die nächste Legislaturperiode muss direkt beginnen mit einer Steuerreform, die kleine und mittlere Einkommen entlastet, also genau all diejenigen, die Beiträge zur Rentenversicherung zahlen“, sagte Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Gleiches gelte für Rentnerinnen und Rentner.

    Der Bundesfinanzhof habe der Bundesregierung hier klare Kriterien für die Zukunft aufgegeben. Das Finanzministerium schlägt nun vor, die eigentlich ab 2025 geplante, vollständige Absetzbarkeit der Rentenbeiträge von der Steuer um zwei Jahre vorzuziehen. Scholz warb dafür, diese Regelung zusammen mit einer umfassenden Reform der Einkommensteuer auf den Weg zu bringen.

    Renten und Doppelbesteuerung: Richter legen Formel vor

    Die Richter in München legten aber auch erstmals eine konkrete Formel für die Berechnung der doppelten Besteuerung fest. Insbesondere der jährliche Grundfreibetrag darf dem Urteil zufolge bei der Berechnung des „steuerfreien Rentenbezugs“ nicht mehr miteinberechnet werden. Er diene dazu das, steuerliche Existenzminimum jedes Steuerpflichtigen zu sichern.

    Daher kann er aus Sicht der Richter „nicht nochmals herangezogen werden, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden“. Der Grundfreibetrag liegt derzeit bei 9744 Euro pro Jahr. Auf Einkommen bis zu dieser Höhe darf der Staat keine Steuer erheben.

    Ferner stellte das Gericht klar, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Freibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind. Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur Doppelbesteuerung der Renten.

    Nach Einschätzung des höchsten deutschen Finanzgerichts dürfen weder der Grundfreibetrag noch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in die Berechnung des steuerfreien Anteils der Rente mit einbezogen werden.

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    Renten und Doppelbesteuerung: Bundesfinanzhof urteilt

    Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Bund die Umstellung vor knapp 20 Jahren aufgegeben, damit Rentner und pensionierte Beamte gleich behandelt werden.

    Beamte im Ruhestand müssen seit jeher ihre Pensionen versteuern. Gleichzeitig entschied das Gericht, dass Renten nicht doppelt besteuert werden dürfen. Dies bedeutet, dass jeder Rentner mindestens so viel Rente steuerfrei erhalten muss wie er zuvor an Beiträgen aus versteuertem Einkommen eingezahlt hat.

    Ein Argument der Kläger: Nach 2040 müssen die ausgezahlten Renten voll versteuert werden. Doch die Beiträge werden zuvor nur 15 Jahre lang voll absetzbar sein. Da ein Arbeitsleben normalerweise sehr viel länger dauert als 15 Jahre, argumentieren Kritiker, dass sich allein aus dieser Tatsache eine verbotene doppelte Besteuerung von Renten und Beiträgen ergebe.

    Keine Kritik an Einbeziehung des Grundfreibetrags

    In einer der beiden mündlichen Verhandlungen spielte auch ein anderer Aspekt eine große Rolle: Die Frage, ob der steuerliche Grundfreibetrag bei der Berechnung des steuerfreien Anteils der Rente mitzählen soll. Vom Grundfreibetrag profitieren alle Steuerzahler, nicht nur Rentner. Analog gilt dies auch für Kranken- und Pflegeversicherung.

    In früheren Urteilen hat der Bundesfinanzhof die Umstellung von vor- auf nachgelagert grundsätzlich bestätigt und auch die Einbeziehung des Grundfreibetrags nicht moniert.

    Rund 142.000 Rentner haben gegen ihre Steuerbescheide geklagt

    Was aus den Klagen von 142.000 Rentnern wird, die gegen ihre Steuerbescheide geklagt haben, hängt vom Einzelfall ab. Der Bundesfinanzhof hat jedoch deutlich gemacht, dass er das Problem einer überhöhten Steuerlast erst für Rentner in der Zukunft sieht, nicht aktuell bei den heutigen Ruheständlern. Damit dürften die Erfolgschancen vieler Klagen eher gesunken sein.

    Die angemahnten Reformen bei der Rentenbesteuerung könnten außerdem zu erheblichen Einbußen im Bundeshaushalt führen. Sollte der Staat die Doppelbesteuerung künftig vermeiden, „könnten sich die Mindereinnahmen zwischen 2020 und 2040 insgesamt auf schätzungsweise 90 Milliarden Euro belaufen“, heißt es in einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). (dpa/afp/les/ped)

    Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.

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