Berlin. Bei der Wahl in Schweden führten zunächst die Sozialdemokraten, später dann das rechte Lager. Wer gewinnt, ist erst am Mittwoch klar.

Bei der Wahl in Schweden muss noch bis Mittwoch gezittert werden. Zunächst sah es nach einem Wahlsieg der regierenden Sozialdemokraten um Ministerpräsidentin Magdalena Andersson aus, dann schiebt sich das Lager des konservativen Herausforderers Ulf Kristersson vorbei an die Spitze. Ausgang offen. Als Gewinner dürfen sich die Rechtspopulisten fühlen. Ihnen fällt eine historische Entscheidungsmacht zu.

Wahlergebnis kippt: Konservative in Schweden in Führung

Der dramatische Wahlkrimi in Schweden geht in die Verlängerung: Frühestens am Mittwoch soll nun das vorläufige Ergebnis der schwedischen Parlamentswahl feststehen. Erst dann seien die Stimmen aus dem Ausland sowie verspätete vorzeitig abgegebene Stimmen ausgezählt worden, teilte die Wahlbehörde am frühen Montagmorgen der Nachrichtenagentur TT mit.

Erste Prognosen hatten zunächst noch das linksgerichtete Lager der Regierungschefin Magdalena Andersson in Führung gesehen. Nach Auszählung von etwa der Hälfte der Wählerstimmen fand sich plötzlich die Seite des konservativen Herausforderers Ulf Kristersson in Front - auch dank des historisch starken Abschneidens der rechtspopulistischen Schwedendemokraten.

Entscheidung am Mittwoch: Parteien sprechen von offenem Ausgang

Ursprünglich war ein vorläufiges Ergebnis bereits in der Wahlnacht erwartet worden. Kristerssons Moderate müssen zwar als einzelne Partei mit ihrem schwächsten Wahlergebnis seit 20 Jahren rechnen, doch sein konservativer Vier-Parteien-Block einschließlich der rechtspopulistischen Schwedendemokraten lag nach Auszählung fast aller Stimmen 0,9 Prozentpunkte vor dem Lager von Andersson. Die Wahlbehörde sah seine Riege bei 176 Mandaten, Anderssons bei 173.

Alle Vorsitzenden der acht Parlamentsparteien betonten in der Wahlnacht, dass das Rennen noch nicht gelaufen sei. „Wir wissen nicht, wie das enden wird“, sagte auch Kristersson. Zugleich betonte er, er sei bereit, eine neue und tatkräftige Regierung zu schaffen.

Rechtspopulisten mit historisch starkem Ergebnis formulieren Ambitionen

Aller Voraussicht nach dürfte er auf diesem Weg auf einen angewiesen sein, der bei Wahlen bislang immer außen vor gelassen wurde: dem Chef der Rechtspopulisten, Jimmie Åkesson. „Wir sind heute eine richtig große Partei“, sagte er vor jubelnden Parteianhängern. 2010 habe die Partei 5,7 Prozent der Stimmen erhalten – nun dürften es wohl 20,7 Prozent sein. Damit werden die Schwedendemokraten erstmals noch vor den Moderaten zweitstärkste Kraft. Für Åkesson ergeben sich daraus Ansprüche. „Unsere Ambition ist es, mit in der Regierung zu sitzen“, machte er klar.

Unabhängig vom Wahlausgang dürfte Schweden wie schon nach der Parlamentswahl 2018 eine langwierige Regierungsbildung bevorstehen. Denn auch innerhalb der beiden Blöcke sind sich die Parteien bei mehreren Angelegenheiten uneins. Politische Mehrheiten zu finden, das ist in dem skandinavischen EU-Land vor allem auch durch das Erstarken der Rechtspopulisten schwierig geworden, die ihre Wahlergebnisse in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigern konnten.

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Sozialdemokraten trotz Zuwächsen im Hintertreffen

Ein Ergebnis jenseits von 20 Prozent wird nun ein Rekord für die Åkesson-Partei sein. Nur die Sozialdemokraten - die traditionell stärkste Partei in Schweden - liegen nach Zuwächsen auf rund 30,5 Prozent weiterhin deutlich vor ihnen.

Andersson wurde erst im November 2021 als Nachfolgerin ihres sozialdemokratischen Parteikollegen Stefan Löfven und als erste Frau überhaupt zur Ministerpräsidentin von Schweden gewählt. Die frühere Finanzministerin führt seitdem eine rein aus Sozialdemokraten bestehende Minderheitsregierung, die im Reichstag bisher auf die Unterstützung der liberalen Zentrumspartei, der Linken und der Grünen angewiesen war. Herausforderer Kristersson setzt derweil auf Moderate, Christdemokraten und Liberale - und erstmals auch offen auf die Unterstützung der Schwedendemokraten. (dpa/sek)

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