Warschau. Vor zehn Jahren stürzte die polnische Regierungsmaschine in Russland ab. Alle 96 Insassen starben, auch Präsident Lech Kaczynski. In das Gedenken in Polen mischt sich ein Streit mit Russland. Warschau verlangt von Moskau erneut die Herausgabe des Flugzeugwracks.

Mit einer Kranzniederlegung haben Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und der Chef der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, der Opfer der Flugzeug-Katastrophe von Smolensk gedacht.

Bei dem Absturz am 10. April 2010 starb auch der damalige polnische Präsident Lech Kaczynski. Lech und Jaroslaw waren Zwillingsbrüder. Das Außenministerium in Warschau erneuerte zum Jahrestag seine Forderung an Moskau, das Flugzeugwrack an Polen auszuhändigen.

Die Feier am Mahnmal für die Opfer der Katastrophe am Pilsudski-Platz in Warschau fand wegen der Corona-Epidemie ohne Publikum statt. Auch Reden gab es nicht. "In der Geschichte Polens der Nachkriegszeit hat es keine größere Tragödie gegeben", schrieb Regierungschef Morawiecki in einem Facebook-Eintrag.

Präsident Andrzej Duda erinnerte in einer Fernsehansprache an die große Solidarität, die das Unglück in der Bevölkerung ausgelöst hatte. "Nach der Smolensk-Katastrophe haben wir gezeigt, dass wir in schwierigen Momenten eine Gemeinschaft sein können. Auch heute brauchen wir diese Gemeinschaft angesichts der Corona-Pandemie."

Zunächst hatte die polnische Regierung geplant, am 10. April mit einer Delegation ins russische Smolensk zu reisen. Doch die Reise wurde kurzfristig auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Als Grund nannten die Polen die schleppende Zusammenarbeit mit den russischen Behörden. Russland bezeichnete die polnische Seite als "undankbar".

Ermittlungen zur Ursache der Flugzeugkatastrophe dauern an. Anhänger der PiS gehen bis heute von einem Mordanschlag auf Kaczynski aus. Bislang vorgelegte Untersuchungen des polnischen Innenministeriums und der russischen Ermittler sprechen von einem Pilotenfehler. Die Crew habe nicht auf eine frühe Warnung reagiert und sei trotz schlechter Sichtverhältnisse weitergeflogen.

"Der Pilot hätte die Entscheidung treffen müssen, einen anderen Flughafen anzusteuern. Das war aber nicht der Fall", sagte Swetlana Petrenko vom Staatlichen Ermittlungskomitee in Russland der Agentur Interfax. Die Theorie von möglichen Sprengstoffspuren hätten Experten aus beiden Ländern mit zahlreichen forensischen Untersuchungen widerlegt, sagte sie weiter.

Polen forderte am zehnten Jahrestag erneut die Herausgabe des Wracks. Eine entsprechende diplomatische Note habe man an Moskau gerichtet, teilte das Außenministerium in Warschau per Twitter mit. "Keine Norm des internationalen Rechts ist Grundlage dafür, dass Russland das Eigentum Polens weiter behält."

Bereits im Oktober 2018 hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats Russland aufgefordert, Polen das Wrack zurückzugeben. Laut dem Chicagoer Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt müsse das Land, in dem sich das Unglück ereignet habe, die Überreste des Flugzeugs aushändigen, sobald die technischen Untersuchungen zur Unfallursache abgeschlossen seien. Russland hat aber bislang argumentiert, dass ein strafrechtliches Verfahren zu dem Absturz noch laufe. Die Fragmente des Wracks dienten als Beweisstück und könnten daher nicht herausgegeben werden.