Berlin. Die Koalition strebt im Streit um die Grundrente eine Einigung vor der Thüringen-Wahl an. Ob sie eine Lösung findet, bleibt offen.

Seit Monaten ringt die Koalition um die Einführung einer Grundrente. An diesem Mittwoch kommen die Spitzenpolitiker von Union und SPD erneut zusammen, um eine Lösung zu suchen. In der Arbeitsgruppe geht es darum, den im Koalitionsvertrag versprochenen Aufschlag auf Minirenten umzusetzen. Über das Wie herrscht jedoch Uneinigkeit.

Konsens ist: Menschen, die mindestens 35 Jahre lang gearbeitet haben, sollen eine Rente bekommen, die mindestens zehn Prozent über Hartz-IV-Niveau liegt – auch wenn sie wenig verdient und damit wenig in die Rentenkasse eingezahlt haben. Während die SPD jedoch möglichst vielen Betroffenen die Grundrente gewähren will, pocht die Union darauf, den Rentenaufschlag strenger von einer Prüfung der Bedürftigkeit abhängig zu machen.

Nicht sicher war, ob ein Durchbruch vor der Landtagswahl in Thüringen an diesem Sonntag gelingt. In der Arbeitsgruppe sind auch Thüringens CDU-Chef Mike Mohring und Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) vertreten.

Nach dem Start dieser AG vor einem knappen Monat hatten beide eingeräumt, dass es bis zu einer Lösung noch Zeit brauche. In der AG vertreten sind unter anderem auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

Darum geht es im Streit um die Grundrente im Einzelnen:

Koalitionsvertrag und Schwierigkeiten:

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart: Alle, die 35 Jahre an Beitragszeiten oder Zeiten der Kindererziehung oder Pflege aufweisen, sollen eine Rente zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung bekommen. Voraussetzung soll demnach eine Bedürftigkeitsprüfung sein.

Denn nicht alle Menschen mit kleiner Rente sind arm dran – etwa wenn sie in einem gut situierten Haushalt leben. Mit ähnlichen Projekten waren bereits die früheren Arbeitsministerinnen Ursula von der Leyen (CDU) und Andrea Nahles (SPD) gescheitert.

Heil und die SPD pochen bisher jedoch darauf, dass es keine Prüfung der Bedürftigkeit geben soll. Im Mai hatte Heil einen Entwurf vorgelegt, wonach rund drei Millionen Menschen die Grundrente beziehen sollten. Er veranschlagte Kosten von 3,8 bis 4,8 Milliarden Euro pro Jahr. Die Union lehnte das Konzept ab.

Verhandlungsgegenstand:

Union und SPD rangen zuletzt um einen Kompromiss. Auf eine Prüfung von Vermögen und Wohneigentum sollte verzichtet werden – allerdings sollte das Einkommen der Betroffenen überprüft werden. Dies könnte allein über das Finanzamt laufen. Fraglich war aber, was genau überprüft und ab wann die Grundrente gewährt werden soll.

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Bereits im September hatte es nach Gesprächen zwischen Heil und Braun geheißen, es gebe einen Einigungskorridor. Über zwei Millionen Menschen sollten demnach von dem geplanten Aufschlag für Minirenten profitieren.

Im Blick haben die Koalitionäre auch die Kosten. Bereits ohne Grundrente steigt der Steuerzuschuss an die Rentenversicherung 2020 erstmals auf mehr als 100 Milliarden Euro. Und die nachlassende Konjunktur lässt die Steuereinnahmen weniger stark sprudeln.

Wirkung der Grundrente:

Unter Experten umstritten ist, wie „zielgenau“ die Grundrente eigentlich ist. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung und des Instituts DIW könnte der Anteil von Armut bedrohter Ruheständler bis 2039 von 16,8 auf 21,6 Prozent steigen. Mit der Grundrente ließe sich demnach die Armutsrisikoquote auf 18,4 Prozent begrenzen. Aber viele Bezieher eines Aufschlags lebten in Haushalten mit Einkünften oberhalb des Existenzminimums. (jkali/dpa)