Berlin. Eine auf dem Wohnungsbautag vorgestellte Prognos-Studie zeigt: Es entstehen zu wenig Wohnungen, Deutschland hinkt deutlich hinterher.

„Zu wenig, zu teuer, zu weit weg“: Das Verbändebündnis Wohnungsbau, zu dem unter anderem der Deutsche Mieterbund, die Gewerkschaft IG BAU und Immobilienverbände wie der GdW gehören, stellt Bund, Ländern und Kommunen bei ihren Baubemühungen ein verheerendes Zeugnis aus.

Grundlage ihrer Kritik ist eine Studie, die zeigt, dass die Bundesregierung ihr im Koalitionsvertrag vereinbartes Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen verfehlen wird. Statt der jährlich nötigen 375.000 neuen Wohnungen entstanden zuletzt nur 285.000 Wohnungen – also gerade einmal drei Viertel der veranschlagten Menge. Die Studie wurde anlässlich des 11. Wohnungsbautages in Berlin vorgestellt.

Das Wichtigste in Kürze:

• In Berlin fand der 11. Wohnungsbautag statt

• Eine neue Studie zeigt: Die Bundesregierung wird ihr Ziel beim Wohnungsbau verfehlen

• Vor allem Sozialwohnungen werden kaum gebaut

• Die Baulandpreise schnellen in die Höhe

• Staatssekretär Wanderwitz kritisiert Bundesländer scharf

Zahl der Sozialwohnungen geht zurück

Besonders beim sozialen Wohnungsbau hinke Deutschland hinterher. 26.200 Sozialwohnungen entstanden 2017. Damit reduziert sich laut Studienautor Tobias Koch der Bestand an Sozialwohnungen sogar. Um die Anzahl an Wohnungen, die jährlich aus der Sozialbindung fallen, zu decken, wären 60.000 Wohnungen nötig. Weitere 20.000 Sozialwohnungen bräuchte es, um den tatsächlichen Bedarf zu stillen.

Nahles fordert kommunale Wohnungsbaugenossenschaften

weitere Videos

    „Die zuletzt fertig gestellten 26.200 Sozialwohnungen sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen mehr als dreimal so viel. Hierzu sind zusätzliche Fördermittel und bessere Förderkonditionen notwendig“, sagte Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes. Das Verbändebündnis forderte, dass die Bundesregierung künftig sechs Milliarden statt bisher 1,5 Milliarden Euro in den Wohnungsbau stecken solle.

    Empfohlener externer Inhalt
    An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
    Externer Inhalt
    Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

    Baulandpreise schnellen in die Höhe

    Vor allem in den Metropolen würde laut der von der Prognos AG erstellten Studie zu wenig gebaut. Daran ist nach Ansicht der Immobilien- und Mietervertreter die explosive Erhöhung der Preise für Bauland verantwortlich. In Metropolen wie Hamburg, München und Berlin kostet der Quadratmeter Bauland durchschnittlich 1120 Euro und damit fast doppelt so viel wie noch vor sechs Jahren.

    Das führe zu einer Verschiebung: Immer mehr Menschen zögen in die Speckgürtel der großen Städte. Daher forderten die Verbände den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Ein weiterer Effekt: Die neu gebauten Wohnungen werden immer kleiner. Statt 116 Quadratmeter im Jahr 2011 habe sich der Wohnraum auf 104 Quadratmeter verringert, in Mehrfamilienhäusern stünden nur noch 80 Quadratmeter zur Verfügung, so Koch.

    • Debatte: Wann darf der Staat enteignen?

    • Kommentar: Miet-Demonstrationen: Wohnen darf kein Luxusgut werden

    Verbände wollen eine neue Baustrategie

    Eine weitere Forderung: In den kommunalen Bauämtern fehle es Fachpersonal. Das verschärfe die langen Genehmigungsverfahren weiter. Daher brauche man dringend mehr Personal. Die Forderungen bündelte das Verbändebündnis in einem Zehn-Punkte-Plan. Von der Bundesregierung forderten die Verbände einen „Masterplan für den sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau“.

    „Die Menschen in Deutschlands Städten brauchen sofort Unterstützung, deshalb müssen Politik und Verwaltungen umgehend handeln“, forderte Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

    Boris Palmer: Bürgermeister wirft Vermietern „Raubtierkapitalismus“ vor

    Reportage: Wer will dieses Kloster kaufen?

    Seehofers Staatssekretär wirft Bundesländern „Totalversagen“ vor

    Marco Wanderwitz, Staatssekretär im fürs Bauen zuständige Bundesinnenministerium unter der Leitung von Horst Seehofer (CSU), reichte den Schwarzen Peter weiter und warf den Bundesländern ein „Totalversagen“ vor. Nach der Föderalismusreform im Jahr 2006 hätten es die Länder verpasst, dem Thema Wohnen den nötigen Stellenwert einzuräumen. Nur mit dem Bau neuer Wohnungen sei es laut Wanderwitz nicht getan. Stattdessen müsse man auch den Leerstand von zwei Millionen Wohnungen in ländlichen Gebieten im Blick haben.

    Die Prognos-Studie zeigt, dass vor allem in Ostdeutschland immer mehr Kommunen mit einem rückläufigen Miet- und Wohnungsmarkt zu kämpfen haben. Wanderwitz betonte daher die Wichtigkeit, diese Regionen zu stärken. „Mein Bild von Deutschland in 20 Jahren ist nicht, dass es 15 Metropolen und dazwischen viel Grün und den Wolf gibt“, sagte Wanderwitz.

    SPD-Vize Kohnen: „Bodenspekulationen beenden“

    Selbstkritischer betrachtete Ralph Brinkhaus, Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU, die Situation: „In den letzten zehn Jahren, haben wir das Thema nicht so beleuchtet, wie man das hätte machen müssen.“ In den Metropolen müsse man laut Brinkhaus neue Flächen erschließen. Auch neue Baukonzepte wie serielles Bauen könnten schnelle Lösungen darstellen.

    Brinkhaus: „Kühnert rüttelt an Grundfesten sozialer Marktwirtschaft“

    Studie: Effekt der Mietpreisbremse verpufft nach einem Jahr

    SPD-Vize Natascha Kohnen machte sich in einer Diskussionsrunde dafür stark, Bodenspekulationen zu bekämpfen. Dafür brauche es eine „soziale Bodenrechtsreform“.

    Linken-Chef Bartsch: „Enteignungen werden wir nicht mehr erleben“

    Auch Linken-Chef Dietmar Bartsch war zu dem Diskussionspanel auf dem Wohnungsbautag geladen und bezog zur Diskussion um mögliche Enteignungen Stellung: „Ich bin mir ziemlich sicher: So lange wir leben, werden wir keine Enteignungen mehr erleben", sagte Bartsch. Aber die Diskussion habe bewirkt, dass das Thema Wohnungsnot in der Gesellschaft eine breitere Aufmerksamkeit erhalten habe.

    (Tobias Kisling)