Berlin. Im Saarland, in NRW, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind in diesem Jahr Landtagswahlen. Wer gute Chancen hat, wer zittern muss.

Mit einer Bundestagswahl und fünf Landtagswahlen war 2021 ein Superwahljahr, mit dem vor allem die SPD zufrieden sein kann. Doch auch 2022 wird es spannend: Es steht nicht nur die Wahl des Bundespräsidenten im Kalender, es wird auch in vier Bundesländern mit etwa 30 Millionen Einwohnern gewählt.

Die SPD ist hungrig auf weitere Wahlsiege, während es für die CDU unter ihrem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz darauf ankommt, den Negativtrend des vergangenen Jahres zu stoppen. Was Sie über die Entscheidungen in diesem Jahr wissen müssen.

Welche Wahlen stehen im Kalender?

Zunächst wählt die Bundesversammlung am 13. Februar das Staatsoberhaupt. Mit einer Überraschung ist nicht zu rechnen: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kandidiert für eine zweite Amtszeit. Die Linke nominiert mit dem Sozialmediziner Gerhard Trabert zwar einen Gegenkandidaten, der Sozialdemokrat Steinmeier wird aber von SPD, Grünen, FDP und den Unionsparteien unterstützt. Der 66-Jährige kann sich seiner Wiederwahl somit sicher sein.

Spannender wird es bei den Landtagswahlen: Den Auftakt macht das Saarland am 27. März. Es folgen Schleswig-Holstein am 8. Mai und Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland am 15. Mai. Am 9. Oktober wählen die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen einen neuen Landtag.

Schaffen die CDU-Nachwuchstalente die Wiederwahl?

Im Bund sucht die CDU auf der Oppositionsbank noch ihre Rolle, in den Ländern kämpft sie darum, dort gar nicht erst zu landen. Im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein regieren mit Tobias Hans (43), Hendrik Wüst (46) und Daniel Günther (48) derzeit drei CDU-Ministerpräsidenten der jungen Garde.

Besonders Hans und Günther galten lange als Hoffnungsträger ihrer Partei. Wüst regiert erst seit Oktober in Nordrhein-Westfalen, er hat den glücklosen Kanzlerkandidaten Armin Laschet auf dem Posten abgelöst. Dem CDU-Nachwuchs stehen mit Anke Rehlinger (45) im Saarland und Thomas Kutschaty (53) in Nordrhein-Westfalen zwei Vize-SPD-Chefs gegenüber, in Schleswig-Holstein will der bundesweit noch weitgehend unbekannte Thomas Losse-Müller, ebenfalls SPD, Ministerpräsident Daniel Günther das Amt abnehmen.

Anke Rehlinger hofft auf einen Regierungsauftrag für das Saarland.
Anke Rehlinger hofft auf einen Regierungsauftrag für das Saarland. © imago images/photothek | imago stock

Bisher regiert im Saarland eine schwarz-rote Koalition, in Nordrhein-Westfalen sind CDU und FDP zusammen am Ruder, in Schleswig-Holstein arbeiten CDU, FDP und Grüne in einem Jamaika-Bündnis zusammen.

„Nach Bundestagswahlen gibt es manchmal den Effekt, dass Wählerinnen und Wähler versuchen, die Ergebnisse im Bund bei der nächsten Landtagswahl ein bisschen zu korrigieren“, sagt Gero Neugebauer, Politikwissenschaftler am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. „Davon könnte die CDU profitieren.“ Doch der Bundestrend für die CDU sei negativ, und das schon seit 2017.

Auch der neue Parteichef Friedrich Merz steht unter Druck. „Wie stark Merz sich einbringt und wie erfolgreich dann die CDU ist“, sagt Neugebauer, „wird entscheidend sein dafür, ob er ein Übergangskandidat ist oder ob er einen Schritt machen kann in Richtung seiner Inthronisierung als nächster Kanzlerkandidat.“

Und in Niedersachsen?

Die Wahl in Niedersachsen ist noch ein Dreivierteljahr entfernt, aber aus derzeitiger Sicht gilt Ministerpräsident Stephan Weil als Favorit. Der 63-jährige Sozialdemokrat regiert seit 2013 mit ruhiger Hand in Hannover, aktuell in einer Koalition mit der CDU. Weil hat bereits signalisiert, dass er nach der Wahl am liebsten einen Partnertausch zugunsten der Grünen vornehmen würde.

Für die CDU tritt aller Voraussicht nach der niedersächsische Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (55) an. Übrigens: Seit Stephan Weil 2013 ist es keinem SPD-Herausforderer mehr gelungen, bei einer Landtagswahl einen CDU-Ministerpräsidenten zu entthronen.

Bernd Althusmann tritt in Niedersachsen gegen Ministerpräsident Stephan Weil an.
Bernd Althusmann tritt in Niedersachsen gegen Ministerpräsident Stephan Weil an. © imago images/localpic | imago stock

Warum ist die Saarland-Wahl besonders wichtig?

Saarland ist das kleinste Flächenland mit weniger als einer Million Einwohnern. Und dennoch könnte von der Auftaktwahl an der Saar eine Signalwirkung zumindest für die beiden weiteren Wahlen in der ersten Jahreshälfte ausgehen.

Vor fünf Jahren gewann die damalige Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) die Landtagswahl gegen SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger mit 40,7 Prozent und gab ihrer Partei damit einen Schub: Im Anschluss löste die CDU in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen von der Macht ab.

Welche Themen spielen eine Rolle?

Neben landespolitischen Auseinandersetzungen wird das Pandemiemanagement zumindest an der Saar noch ein bestimmendes Thema sein. Wenn die Temperaturen wärmer und die Inzidenzen niedriger werden, kann Corona als Thema aber in den Hintergrund treten. Beim Wahlkampf könnten die Umsetzung der zahlreichen Klimaschutzmaßnahmen, die die Ampel-Koalition angekündigt hat, im Zentrum stehen.

In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen könnten die ersten Reaktionen sichtbar werden auf das Osterpaket zum Klimaschutz, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angekündigt hat. „Wichtig wird die Frage, was Klimapolitik für den Einzelnen bedeutet“, sagt FU-Wissenschaftler Neugebauer. „Was kostet mich Klimaschutz, was heißt das für Energiepreise, was kommt da auf mich zu?“ Das sei riskant vor allem für die Grünen, die eng mit dem Thema verbunden werden.

Wer könnte der große Sieger des Wahljahres werden?

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken gab kürzlich das Ziel aus, alle vier Landtagswahlen in diesem Jahr zu gewinnen. Neben dem Bundeskanzler, dem Bundespräsidenten und der Bundestagspräsidentin würde die SPD dann 10 der 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten stellen.

Doch bis zu den jeweiligen Wahlterminen kann noch viel passieren, auch mögliche Fehler der Ampel-Koalition von SPD-Kanzler Olaf Scholz im Bund könnten den Wahlkämpfern in den Ländern das Leben schwer machen. Und die CDU hofft auch noch auf ein Wiedererstarken unter ihrem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz. Lesen Sie hier: Union: Ist die Harmonie von Merz und Söder nur gespielt?

Wer muss in diesem Wahljahr zittern?

Auf die Linke könnte nach einem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl erneut ein hartes Wahljahr zukommen: In allen vier Ländern, in denen gewählt wird, bewegt sie sich in den jüngsten Umfragen an oder unter der Fünf-Prozent-Schwelle. Die Linke sei „in Gefahr, unter die Wahrnehmungsschwelle zu geraten“, sagt Neugebauer.

Auch für die AfD gebe es wenig zu gewinnen. Programmatisch finde die Partei kaum statt, sagt der Politikwissenschaftler, „wenn berichtet wird, dann vor allem über interne Querelen oder Konflikte mit anderen Parteien.“ Und keines der vier Länder liegt im Osten, wo die AfD ihre Hochburgen hat.

Was heißt das für die Bundespolitik?

Das Ampel-Modell aus dem Bund und aus Rheinland-Pfalz könnte auf Landesebene Schule machen. Zumindest Thomas Kutschaty, SPD-Spitzenkandidat in NRW, und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil denken darüber laut nach.

Davon würde auch die Regierung von Olaf Scholz profitieren, mit Rückenwind für die Arbeit im Bund und neuen Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat.