Erfurt. Die Landesregierung fährt per Erlass das öffentliche Leben herunter – setzt dabei aber nicht alle Leitlinien von Bund und Ländern um.

Der Erlass, den Ministerpräsident Bodo Ramelow und Sozialministerin Heike Werner (beide Linke) am Montag unterzeichneten, hat fünf Seiten – und es in sich. Denn er fährt für vorerst einen Monat das öffentliche Leben herunter.

Nachdem schon alle Versammlungen ab 50 Personen verboten sind und ab Dienstag die Schulen und Kindergarten schließen, wird ab Mittwoch so ziemlich alles dicht gemacht, was kein Einkaufsgeschäft, kein Krankenhaus, kein Unternehmen, kein Hotel und kein Restaurant ist. Betroffen sind alle Museen, Messen und Märkte, alle Bars, Bädern und Bordelle sowie alle Einrichtungen, in denen Sport getrieben wird.

Bars, Clubs und Kinos in Thüringen müssen ab Mittwoch schließen

Etwas kryptisch ist die Formulierung der „Spezialmärkte“, die auch verboten sind. Laut einem Bundesgesetzblatt von 1999 handelt es sich dabei um „in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltungen“, wo „bestimmte Waren“ verkauft würden.

Auch die Behindertenwerkstätten sind gesperrt. Davon ausgenommen sind laut laut Erlass nur „diejenigen Menschen mit Behinderung, deren Betreuung anderweitig nicht sichergestellt werden kann“.

Einschränkungen für Rückkehrer aus Risikogebieten

Besondere Einschränkungen gibt es für Menschen, die innerhalb der vergangenen 14 Tagen aus Risikogebieten zurückkehrten oder die in Kontakt mit einem Infizierten standen. Sie sollen zum Beispiel jede Gaststätte oder andere öffentliche Einrichtung meiden, auch wenn sie im Notbetrieb geöffnet sind. Zu den Risikogebieten gehören laut der Liste des Robert-Koch-Instituts neben dem nordrhein-westfälischen Landkreis Heinsberg, das österreichische Bundesland Tirol, die spanische Hauptstadt Madrid, die US-Staaten Kalifornien, Washington und New York, die französische Region Grand Est, Teile von Südkorea und die chinesische Provinz Hubei.

Der Erlass richtet sich weitgehend nach den Leitlinien, die am Montag von Bund und Ländern vereinbart wurden. Danach sind auch „Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften“ zu verbieten. Dieser Passus fehlt aber in der Thüringer Verordnung. Allerdings hat etwa die Evangelische Kirche Mitteldeutschlands am Montag per Dienstanweisung alle Gottesdienste abgesetzt. Erlaubt sind nur noch Trauerfeiern in kleinem Rahmen.

Gaststätten dürfen in Thüringen noch frei öffnen

Auch nicht umgesetzt in dem Erlass ist bislang die Empfehlung, dass Übernachtungsangebote „nicht zu touristischen Zwecken genutzt werden können“. Zudem wurde vorerst auf die Vorgabe verzichtet, „dass Restaurants und Speisegaststätten generell frühestens ab 6 Uhr zu öffnen und spätestens ab 18 Uhr zu schließen sind“. Gaststätten dürfen in Thüringen also noch frei öffnen – aber nur dann, wenn zwischen den Gästen ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern gewährleistet ist.

Die Leitlinien stellen aber auch eines sehr klar: „Ausdrücklich nicht geschlossen wird der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Friseure, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel.“

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