Washington. Die Zeit wird knapp, Wähler für das eigene Lager zu mobilisieren. US-Präsident Trump fliegt zwischen den Bundesstaaten hin und her, um seine Anhänger anzuspornen. Auch sein Herausforderer Biden, der in Umfragen vorne liegt, geht noch mal verstärkt auf Wahlkampftour.

Im Rennen um das Weiße Haus gehen US-Präsident Donald Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden in die Schlussoffensive.

Am finalen Wochenende vor dem Wahltag am Dienstag wollten die Kontrahenten mit mehreren Wahlkampfauftritten in wichtigen Bundesstaaten weitere Wähler mobilisieren. Biden sollte am Samstag zwei Mal mit Ex-Präsident Barack Obama in Michigan auftreten. Doch Dutzende Millionen Amerikaner haben bereits von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Stimme frühzeitig abzugeben.

Im Endspurt des Wahlkampfs trieb Trump seine Attacken auf Biden auf die Spitze. Im umkämpften Bundesstaat Minnesota bezeichnete Trump den früheren Vizepräsidenten am Freitagabend (Ortszeit) unter anderem als "schmierigen, schmuddeligen, korrupten Politiker", der sich an China verkauft habe. Zugleich spielte der Präsident abermals die Corona-Pandemie trotz rapide steigender Infektionen herunter. Die Ärzte überhöhten die Zahlen, weil sie für Corona-Fälle mehr Geld bekämen, wiederholte der amerikanische Präsident eine im Internet herumgeisternde These.

Biden verurteilte bei seinen Wahlkampfauftritten umgehend Trumps Attacke auf die Ärzte: Er "sollte aufhören, sie anzugreifen und stattdessen anfangen, seinen Job zu machen". Trump habe vor dem Virus kapituliert. Die USA bewegen sich in Richtung der Marke von 100.000 Neuinfektionen pro Tag. Am Freitag verzeichnete die Johns-Hopkins-Universität 99.321 neue Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden und damit einen Rekordwert. Täglich sterben rund 900 Menschen.

Trumps Sohn Donald Trump Jr. behauptete unterdessen in einem Interview des Senders Fox News, Medien fokussierten sich auf die Infektionszahlen, weil so gut wie niemand an dem Virus sterbe. Insgesamt wurden in den USA bereits mehr als neun Millionen Ansteckungen nachgewiesen.

Trump, der in Umfragen sowohl landesweit als auch in mehreren möglicherweise entscheidenden Bundesstaaten hinter Biden liegt, setzt auf eine Flut von Wahlkampfauftritten, um seine Anhänger zu mobilisieren. Am Wochenende und Montag will er 14 Reden halten, mehrere davon in Michigan und Pennsylvania. Unterdessen nutzten bereits rund 90 Millionen Amerikaner die Möglichkeit, schon vor dem offiziellen Termin am 3. November per Brief oder in vorab geöffneten Wahllokalen abzustimmen. Das entspricht zwei Drittel der Gesamtzahl der Wähler von 2016.

Der US-Präsident wird nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von Wahlleuten, die gemäß dem Ergebnis in den einzelnen Bundesstaaten abstimmen. Für den Sieg sind 270 Stimmen von Wahlleuten nötig.

Pennsylvania gehört mit 20 Wahlleuten zu den besonders wichtigen, umkämpften Bundesstaaten. Michigan stellt 16 Wahlleute. Trump hatte 2016 überraschend beide Staaten gewonnen. Biden liegt in ihnen laut Umfragen vorn, aber relativ knapp.

Ex-Präsident Obama war zuletzt verstärkt in den Wahlkampf für seinen früheren Vize Biden eingestiegen. Bislang trat er aber ohne den Präsidentschaftskandidaten auf. In Detroit (Michigan) sollte der Sänger Stevie Wonder zu Obama und Biden stoßen. Bidens Vize-Kandidatin Kamala Harris hat Termine in Florida, wo es ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Kandidaten gibt. Wenn Biden Florida mit 29 Wahlleuten für sich entscheidet, hätte Trump nach Einschätzung von Experten nur noch wenig Chancen auf einen Sieg.

Auf Trumps Terminplan standen am Samstag gleich vier Auftritte in Pennsylvania. Am Sonntag will er in Michigan, Iowa, North Carolina, Georgia und Florida auftreten. Am Montag sollten dann erneut North Carolina, Pennsylvania und Michigan sowie Wisconsin folgen. Die Auftritte sind üblicherweise eine bis eineinhalb Stunden lang. Am Freitagabend verkürzte Trump seine Rede in Minnesota aber auf 20 Minuten - möglicherweise weil wegen Corona-Beschränkungen nur 250 seiner Anhänger dabei sein durften.

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