Washington . Im Anti-Putin-Bündnis entstehen erste Risse. Die USA sind sauer, weil Polen Kampfjets an die Ukraine liefern will. Eine heikle Frage.

Im Zwist zwischen Polen und den USA über die eventuelle Lieferung von Kampfjets in die Ukraine hat Wolodymyr Selenskyj erneut aufs Tempo gedrückt: "Löst das schnell. Schiebt die Verantwortung nicht auf andere, schickt uns Flugzeuge", appelliert der ukrainische Präsident an die US-Regierung.

Deren Nr. 2, Vizepräsidentin Kamala Harris, wird am Donnerstag während ihrer Osteuropa-Reise in Warschau direkt mit dem heftigen Disput zu tun haben, der erste Zweifel an der Einheitsfront des Westens gegen Russland auslöst.

Polens Regierung hatte nach anfänglich massiven Bedenken die Lieferung von Kampfflugzeugen vom Typ MiG-29 aus eigenen Beständen in Richtung Kiew in Aussicht gestellt. Damit soll die Abwehrkräfte der Ukraine gegen den russischen Angriff gestärkt werden.

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Kampfjets könnten in Deutschland zwischenlanden

Warschau will seine 28 Kampfflieger aus sowjetischer Produktion "kostenlos und unverzüglich" den USA auf deren deutscher Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stellen. Von dort aus könne das Fluggerät dann nach Konsultation mit allen Nato-Mitgliedsländern in die Ukraine transferiert werden, sagt Regierungschef Mateusz Morawiecki.

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Ein juristisch-politisch heikler Standpunkt; auch für Deutschland, dass das Drehkreuz Ramstein beheimatet. Im Gegenzug erwartet Polen, dass die USA gebrauchte F-16-Kampfjets für die polnische Luftwaffe zur Verfügung stellt, um dort keine Sicherheitslücke entstehen zu lassen.

Washington lehnt die Vorgehensweise jedoch ab. Die Perspektive, dass die besagten Jets von einem US- und Nato-Stützpunkt in Deutschland abheben würden, um in den umkämpften Luftraum über der Ukraine einzudringen, werfe für die gesamte Nato "ernste Bedenken" auf, erklärte Pentagon-Sprecher John Kirby. Er nannte die polnische Offerte "nicht tragbar". Ihr fehle die "stichhaltige Begründung".

Russland könnte Kampfjets als Kriegserklärung begreifen

Dahinter steht die Sorge, dass Kreml-Herrscher Wladimir Putin einen solchen Schritt de facto als aktiven Eintritt des westlichen Verteidigungsbündnisses in den Krieg um die Ukraine werten und die Nato militärisch angreifen könnte.

Ein Kampfflugzeug vom Typ MiG-29 der polnischen Luftwaffe bei einer Flugvorführung in Berlin. (Archivfoto)
Ein Kampfflugzeug vom Typ MiG-29 der polnischen Luftwaffe bei einer Flugvorführung in Berlin. (Archivfoto) © imago images/Björn Trotzki | imago images/Björn Trotzki

In Nato-Kreisen gilt als sicher, dass eine direkte Überstellung der Maschinen (vom Boden eines Nato-Mitgliedslandes) an die Ukraine wohl nicht in Frage kommt. "Russland würde dies als Kriegserklärung begreifen", sagte ein EU-Diplomat in Washington.

Allenfalls könnten die betagten Jets, von denen auch Länder wie Bulgarien und die Slowakei etliche im Bestand haben, in Ramstein oder auf einer anderen Luftwaffenbasis umlackiert und danach in ein neutrales Transitland (zum Beispiel Kosovo) gebracht werden. Von dort aus würden ukrainische Piloten sie dann in die Ukraine fliegen.

Für die Ukraine käme diese Hilfe mutmaßlich zu spät. Präsident Selenskyj hatte dazu bereits an die Adresse von Nato und USA eine fatalistische Bemerkung gemacht: "Wenn Sie uns nicht wenigstens Flugzeuge liefern, damit wir uns schützen können, dann wollen Sie auch, dass wir einen langsamen Tod sterben."

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Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de.