Hamburg. Seine Rückkehr an die Uni Hamburg hat sich AfD-Gründer Bernd Lucke sicher anders vorgestellt. Statt über Makroökonomik zu sprechen, muss er nach Protesten und Beschimpfungen die Uni verlassen.

Mehrere hundert Demonstranten haben an der Universität Hamburg die erste Vorlesung von AfD-Mitbegründer Bernd Lucke seit dessen Rückkehr an die Hochschule verhindert.

Immer wieder riefen Aktivisten in einem Hörsaal des Uni-Hauptgebäudes "Hau ab", einige bewarfen den Wirtschaftswissenschaftler mit Papierkugeln. Ein junger Mann rempelte ihn an, eine Frau versuchte mehrmals sein Laptop zuzuklappen. Lucke konnte daher nicht wie geplant über das Thema Makroökonomik sprechen.

Nach fast zwei Stunden verließ Lucke die Universität, ohne dass er sich Gehör verschaffen konnte. Er wurde von Polizeibeamten an einem Seiteneingang abgeholt und zur Straße gebracht.

Die Studierendenvertretung Asta hatte vor der geplanten Vorlesung zu einer Kundgebung vor dem Hauptgebäude der Uni aufgerufen, um unter anderem auf die Tragweite der politischen Handlungen Luckes hinzuweisen. Der Asta stellte anschließend klar, dass er zu den Störungen im Hörsaal nicht aufgerufen hatte. Der Asta sei an inhaltlicher und sachlicher Kritik interessiert", hieß es. "Ein Gespräch zwischen uns und Herrn Lucke ist bereits angesetzt."

"Was sich heute im Agathe-Lasch-Hörsaal abgespielt hat, spricht für sich. Das muss ich nicht kommentieren", sagte Lucke der Deutschen Presse-Agentur. "Aber was ich hervorheben möchte, ist die Zivilcourage meiner Studenten, die fast geschlossen bis zum Ende der Vorlesungszeit mit mir im Hörsaal ausgeharrt haben und mir Rückdeckung gegen den Mob gegeben haben."

Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Universitätspräsident Dieter Lenzen hoben in dem Zusammenhang hervor, dass die Durchführung freier wissenschaftlicher Lehre zu den grundgesetzlich garantierten Pflichten und Rechten jedes Hochschullehrers gehöre. "Unabhängig davon ist festzustellen, dass Universitäten als Orte der Wissenschaft die diskursive Auseinandersetzung auch über kontroverse gesellschaftliche Sachverhalte und Positionen führen und aushalten müssen – insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte."

Der Volkswirtschaftler und Euro-Kritiker Lucke war 2013 maßgeblich an der Gründung der AfD beteiligt und einer ihrer ersten Bundessprecher. 2014 hatte er sich von der Uni Hamburg beurlauben lassen, um als Berufspolitiker für die AfD ins Europaparlament zu wechseln. Nachdem er 2015 im Streit um eine stärker nationalkonservative Ausrichtung der Partei von Frauke Petry als AfD-Bundessprecher abgelöst worden war, hatte er die Partei verlassen und in der Folge fremdenfeindliche und rechtsextreme Tendenzen angeprangert.

Luckes Versuche, mit der von ihm gegründeten Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA), die sich später in Liberal-Konservative Reformer (LKR) umbenannte, politisch Fuß zu fassen, scheiterten. Bei der Europawahl Ende Mai kam die LKR mit Spitzenkandidat Lucke nur auf 0,1 Prozent der Stimmen. Am Montag hatte Lucke bereits eine erste kleinere Lehrveranstaltung gehalten.