Washington. Bei der Wahl zum höchsten Amt im US-Parlament herrscht Chaos. Wie der republikanische Kandidat Kevin McCarthy doch noch gewinnen will.

Elf Wahlgänge und elf klare Niederlagen. Das hatte es bei Abstimmungen zum Mehrheitschef im US-Repräsentantenhaus, dem mächtigen Posten des "Speaker of the House", seit mehr als 160 Jahren nicht mehr gegeben. Trotzdem will sich der Topfavorit Kevin McCarthy nicht geschlagen geben.

Nach fünf gescheiterten Wahldurchgängen an nur einem Tag beschloss eine Mehrheit der Abgeordneten am Donnerstagabend, einen vorläufigen Schlussstrich zu ziehen und wieder am Freitag zusammenzutreten. Unterdessen bleibt unklar, ob jene 20 Republikaner, die ihrem Parteikollegen den Chefposten in der unteren Kongresskammer verweigern wollen, jemals ihren hartnäckigen Widerstand aufgeben werden.

US-Repräsentantenhaus: Was hat McCarthy falsch gemacht?

Die Bilder sprachen Bände. In der Anfangsphase des Wahlmarathons strahlte McCarthy selbst nach den ersten beiden Schlappen noch über das ganze Gesicht, lachte und tauschte sich mit anderen Republikanern aus. Mit der dritten, der vierten und fünften Niederlage verging ihm das Lächeln. Als er nach drei langen Tagen und zähen aber offenbar unergiebigen Verhandlungen mit den rechtsgerichtetet Quertreibern in der eigenen Partei noch genauso weit vom Ziel entfernt war wie zuvor, saß McCarthy wie ein begossener Pudel im Plenarsaal des Repräsentantenhauses. Mit grimmiger, niedergeschlagener Miene. Mit einem Gesicht, das Frustration und zugleich Demütigung ausdrückte.

Was aber hatte er falsch gemacht? Schließlich hatte ihn die eigene Fraktion, die 222 der 435 Sitze im Repräsentantenhaus kontrolliert, mit einer klaren Mehrheit zum Spitzenkandidaten gekürt. In der Regel ist es eine reine Formalität, dass die Mehrheitspartei ihren Kandidaten problemlos durchwinkt. Nicht aber bei McCarthy. Er hatte zu viel getan, um den rechtsgerichteten Parteiflügel zu verärgern. Lesen Sie auch: Wie Donald Trump die Republikaner ins Chaos gestürzt hat

Seine größte "Sünde": McCarthys Spendenkomitee, sein sogenanntes "Super PAC", hatte Dollarbeträge in dreistelliger Millionenhöhe ausgegeben, um während des letzten Wahlkampfs nicht jene Kandidaten, die der ehemalige Präsident Donald Trump unterstützte, zu fördern. McCarthys Super PAC tat das Gegenteil und sponserte die Gegner der "MAGA-Kandidaten". Umso interessanter ist die Tatsache, dass Trump sich seit Mittwoch in Szene zu setzen versuchte und kräftig für McCarthy warb, aber offenbar außerstande war, selbst seine loyalsten Anhänger im Kongress umzustimmen.

Rechtsextreme Republikaner: Wie McCarthy sie umstimmen will

Wie geht es nun also weiter? Angeblich soll McCarthy jene Zugeständnisse, die er seinen Kritikern in der Partei mündlich versprochen hatte, ihnen nun auch schriftlich gegeben haben. Dazu zählen für die rechtsextremen Parlamentarier Sitze in wichtigen Kongressausschüssen. Auch hat er versprochen, dass sein Super PAC sich künftig aus Kongresswahlen heraushalten wird.

Die folgenschwerste Konzession: Ist nur ein einziger seiner Kritiker mit seinen Handlungen nicht einverstanden, da könnte ein harmloses Telefonat mit Präsident Joe Biden ausreichen, dann kann dieser Abgeordnete eine Abstimmung beantragen, um McCarthy sofort abzuwählen. Bisher war für einen solchen Antrag eine einfache Mehrheit des gesamten Fraktion notwendig. McCarthy hat, wie ein Republikaner sagte, "seine Seele verkauft". Ob das aber ausreichen wird, um den Job endlich zu bekommen, wird sich bei der ersten Abstimmung am Freitag zeigen.

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