Berlin. Merz, Röttgen, Spahn und Laschet: Das Schaulaufen möglicher neuer CDU-Chefs hat begonnen. Noch gibt es nur einen prominenten Kandidaten - wann andere aus der Deckung kommen, ist offen. Wer in Deckung bleibt, ist die Kanzlerin.

Führende CDU-Mitglieder wollen eine Kampfkandidatur um den Parteivorsitz unbedingt vermeiden und favorisieren weiter eine Teamlösung.

Eine Mitgliederbefragung zum künftigen CDU-Vorsitz, die der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen ins Gespräch gebracht hat, könnte dagegen zu einer Kampfabstimmung und damit zu einer Zerreißprobe für die Partei führen. Röttgen steht einer Team-Lösung skeptisch gegenüber.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hält in dieser Situation der CDU eine Mitgliederbefragung, die für einen Parteitag nicht bindend ist, nicht für das richtige Mittel. Sie könne eher zu weiterem Streit führen.

NRW-Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Armin Laschet sagte am Mittwoch in Berlin vor seinem Treffen mit der scheidenden CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, er setze weiterhin auf eine Teamlösung. In diesem Sinne wolle er auch mit der scheidenden CDU-Vorsitzenden sprechen.

Ähnlich wie Laschet hatte sich auch Gesundheitsminister Jens Spahn für eine Teamlösung ausgesprochen. Wie genau eine Teamlösung aussehen könnte, ist noch nicht klar. Allerdings soll es nach dem Willen der CDU-Führung keine Doppelspitze aus Frau und Mann wie etwa bei SPD und Grünen geben.

Der frühere Umweltminister Röttgen argumentierte mit Blick auf eine Mitgliederbefragung: "Ich glaube, dieser Wunsch in der Partei wird immer stärker und hörbarer werden." Er zeigte sich nach einem etwa einstündigen Treffen mit Kramp-Karrenbauer optimistisch, dass sich in der CDU die Meinung immer mehr durchsetze, dass eine Lösung nicht hinter verschlossenen Türen gesucht werden könne. Ob es zu einer Mitgliederbefragung komme, müsse allerdings die Parteiführung entscheiden.

Reul, der Mitglied des CDU-Vorstands ist, sagte im Deutschlandfunk: "In so einer Lage ist garantiert eine Mitgliederbefragung nicht richtig. Ich glaube auch nicht, dass wir zig Konferenzen brauchen, sondern noch einmal: Diejenigen, die Führungskräfte sind, müssen miteinander reden. Das wird dann in der Öffentlichkeit immer als Hinterzimmer desavouiert. ... Wenn man nicht miteinander redet und überlegt, wie man einen klugen Weg findet, wird man sich öffentlich zerstreiten." Bei dem Prozess 2018 mit Regionalkonferenzen habe sich Kramp-Karrenbauer gegen Ex-Unions-Fraktionschef Friedrich Merz durchgesetzt. "Und nachher haben diejenigen, die verloren haben, trotzdem weiter aus den Hecken geschossen."

Bisher hat nur Röttgen offiziell und öffentlich seine Kandidatur angekündigt. Die als aussichtsreich geltenden möglichen Mitbewerber Merz, Laschet und Spahn haben noch nicht öffentlich erklärt, ob sie kandidieren. Kramp-Karrenbauer hatte sich am Dienstag mit Merz zu einem Gespräch über die anstehenden Personalentscheidungen getroffen und am Mittwoch mit Röttgen, Spahn und Laschet. Röttgen machte deutlich, dass er damit rechnet, dass demnächst weitere mögliche Kandidaten aus der Deckung kommen.

Kramp-Karrenbauer zog ein positives Fazit ihrer ersten Gespräche mit den möglichen Bewerbern. "Ich habe in den vergangenen Tagen sehr gute und vertrauensvolle Gespräche geführt", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Sie ergänzte: "Am Montag werden wir auf dieser Grundlage über das weitere Vorgehen reden."

Am Rosenmontag kommen in Berlin CDU-Präsidium und -Vorstand zu regulären Sitzungen zusammen. Kramp-Karrenbauer will die Führungsgremien über den Stand ihrer Gespräche zur künftigen Personalaufstellung informieren und womöglich auch einen Fahrplan für die Wahl eines Parteichefs vorstellen.

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) kritisierte, eine Woche nach der Rückzugsankündigung von Kramp-Karrenbauer gebe es keine Klarheit über den Zeitplan und das Verfahren für den Bundesvorsitz, aber zahlreiche mögliche oder tatsächliche Kandidaten aus NRW. "Das versteht an der Basis niemand mehr. So kann es nicht weitergehen", sagte Wadephul der dpa. Röttgen kommt wie Laschet, Merz und Spahn aus Nordrhein-Westfalen.

Kanzlerin Angela Merkel sagte indessen, sie wolle sich aus den Vorgängen um die Besetzung des CDU-Vorsitzes und der Kanzlerkandidatur der Union heraushalten. Sie habe dies bei ihrem Rücktritt vom Parteivorsitz im Oktober 2018 gesagt, und daran wolle sie sich halten. "Meine Erfahrung historischer Art ist, dass die Vorgänger sich aus so etwas heraushalten sollten. Und das befolge ich."

Laschet sagte nach seinem eineinhalbstündigen Treffen mit Kramp-Karrenbauer, man habe Stillschweigen über die Details des Gesprächs vereinbart. Auf die Frage, ob er gut gelaunt sei, sagte er: "Ja." Zuvor hatte Röttgen von einem guten und freundlichen Gespräch mit Kramp-Karrenbauer berichtet.