Frankfurt/Main. Die USA werfen China Währungsmanipulation vor. Der Handelsstreit der Supermächte beeinflusst nun auch die weltweiten Aktienmärkte.

Es sind drastische Worte, die der einflussreiche US-Ökonom und frühere US-Finanzminister Larry Summers am Dienstag über Twitter sendet: „Wir stehen womöglich gerade am gefährlichsten Punkt seit der Finanzkrise 2009“, schrieb er dort (sinngemäß übersetzt).

Die Abwertung der chinesischen Währung Yuan Anfang der Woche hat an den Börsen weltweit Turbulenzen ausgelöst, von denen sich die wichtigsten Indizes auch am Mittwoch nur leicht erholten. Der deutsche Aktienindex Dax hat seit Wochenbeginn fünf Prozent verloren, fiel zeitweise deutlich unter 11.600 Punkte und gewann am Mittwoch nur leicht hinzu.

Doch die Unsicherheit bleibt groß – das zeigte sich am Mittwoch an anderen Indikatoren: Der Preis für eine Feinunze Gold kletterte um 1,6 Prozent auf ein Sechseinhalbjahreshoch von fast 1500 Dollar (1335 Euro). Neben dem als Krisenwährung angesehenen Edelmetall kauften die Investoren auch wieder als sicher geltende Staatsanleihen. So erreichte die Durchschnittsrendite der deutschen Staatsanleihen mit minus 0,55 Prozent einen neuen Tiefstand.

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    Börsen reagieren auf Handelsstreit: Yuan-Abwertung als Gegenschlag

    Was war passiert? Die chinesische Notenbank hatte am Montag zugelassen, dass der Kurs der Landeswährung Yuan im Vergleich zum Dollar deutlich sank. War ein Dollar am Freitag noch 6,90 Yuan wert, stand der Kurs am Dienstag etwa bei 7,03. Das chinesische Geld ist im Vergleich zum Dollar also billiger geworden.

    Die Abwertung gilt als Gegenschlag im Wirtschaftskrieg der beiden Länder. Wird die chinesische Währung im Verhältnis zum Dollar billiger, gilt das Gleiche auch für chinesische Waren – beispielsweise für Kleidung oder Smartphones. Dadurch könnten Exporte von China in die USA zunehmen.

    Am Dienstag versicherte Peking, dass es seine Währung nicht aus wettbewerblichen Gründen abwerten oder sie als Instrument im Handelskonflikt mit den USA einsetzen wolle – das beruhigte die Börsen ein wenig: „Die chinesische Notenbank hat ihr letztes Fixing unter sieben Yuan je Dollar gesetzt, um zu versuchen, die Situation zu deeskalieren“, sagt etwa Esty Dwek, Marktstrategin von Natixis Investment Managers.

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      Warum ein Einsatz der chinesischen Währung im Handelskonflikt unwahrscheinlich ist

      Sollte sich die Währung um oder unter sieben stabilisieren, könnte sich die Situation entspannen, hofft sie. Doch dass die chinesische Notenbank es am Montag zugelassen habe, dass die rote Linie des Wechselkurses von sieben Yuan je Dollar überschritten wurde, habe schon Signalkraft, meint Rudolf Besch, Volkswirt der Dekabank.

      Es zeige, dass die Chinesen auch ihre Währung als Instrument im Handelskonflikt einsetzen könnten. Das hält Besch aber nicht für wahrscheinlich, weil die Stabilisierung der vergangenen Jahre nicht nur der Weltwirtschaft, sondern auch den asiatischen Nachbarn und den Chinesen geholfen habe.

      China dürfte auch deshalb einen Währungskrieg nicht wollen, weil es dann einen Kapitalabfluss befürchten müsste, vermutet Ulrich Leuchtmann, Volkswirt der Commerzbank. Das war in der Krise vor vier Jahren geschehen, seither kontrolliert die chinesische Notenbank zwar den Kapitalverkehr stärker, aber privaten Investoren stünden immer noch Wege offen.

      In Deutschland schrumpfte die Produktion unerwartet stark

      Wie stark sich der Handelskonflikt auch auf andere Volkswirtschaften auswirkt, auch in Europa, zeigt sich inzwischen auch an Konjunkturdaten. In Deutschland schrumpfte die Produktion im Juni unerwartet stark um 1,5 Prozent gegenüber dem Mai. Damit wird eine Rezession wahrscheinlicher.

      Dass die Industrie sich so schwer tut, liegt auch an der Unsicherheit der Investoren, wie es im Handelskonflikt und beim Brexit weitergeht und wie sich etwa die Auseinandersetzung USA–Iran entwickeln könnte. Die Unternehmen kaufen in einer solchen Situation weniger Investitionsgüter, auf die viele deutsche Unternehmen spezialisiert sind. So verstärkt sich eine beginnende Flaute.

      Nur einen kleinen Teil des Vermögens in Gold anlegen

      Anleger sollten diese labile Lage aufmerksam beobachten, meint Marc Sattler, Vorstand der Bank für Vermögen. „Vergangene Wirtschafts- und Börsenzyklen haben gezeigt, dass die Notenbanken eine aufkommende Rezession und einen damit einhergehenden Bärenmarkt bei Aktien nicht verhindern können“, sagt er und rät Anlegern, jederzeit bereit zu sein, ihre Risikoanlagen weiter zu reduzieren.

      Sollte China im Handelsstreit doch seine Währung abwerten, dann sei noch mit weitaus größeren Schwankungen an den Märkten zu rechnen: „Die Frage wird einzig lauten: Wohin soll das Geld fließen, wenn die Notenbanken die Zinsen gleichzeitig weiter senken?“ Denn an den Anleihemärkten verliert man jetzt schon Geld, Immobilien sind schon sehr teuer, und in Gold sollte man nur einen kleinen Teil seines Vermögens anlegen.

      (mit dpa/ac)