Ein Energiekonzern will im Norden Alaskas Öl fördern. Die US-Regierung hat das Großprojekt genehmigt und massiven Widerstand ausgelöst.

Es war ein riesiger Erfolg für Öl-Lobbyisten in den USA: Mitte März genehmigte die Biden-Regierung das "Willow-Project", ein gigantisches Ölförderungs-Projekt im Norden Alaskas. Hier, wo die Natur noch weitgehend unberührt ist, will der US-Konzern ConocoPhilipps auf staatlichem Boden in den nächsten 30 Jahren rund 600 Millionen Barrel Öl fördern. Acht bis zehn Milliarden Dollar will der Konzern dafür investieren.

Es wäre eins der größten Projekte zur Förderung fossiler Energien in den USA und damit ein Rückschlag für die Klimaziele der US-Regierung. Joe Biden hatte im Wahlkampf 2020 unter anderem mit dem Versprechen eines Green New Deals und einem Stopp von neuen Öl- und Gasförderungen auf staatlichem Boden geworben.

"Willow-Project": Widerstand formiert sich vorrangig im Netz

Warum nun dennoch drei der ursprünglich fünf geplanten Bohrstellen in Alaska unweit des arktischen Ozeans genehmigt wurden, ist vielen US-Bürgern schleierhaft. Umweltverbände laufen Sturm gegen das Projekt und auch in den Sozialen Netzwerken formt sich massiver Protest – angetrieben vor allem von einer jungen Generation, die sich um ihre Zukunft betrogen fühlt. Auf der Plattform TikTok wurden Beiträge zu dem Projekt im vergangenen Monat mehr als 163 Millionen Mal aufgerufen. Auf change.org sammelten Gegner des Projekts bereits mehr als 4,7 Millionen Unterschriften.

Demonstranten protestieren gegen die Genehmigung des Willow-Ölbohrprojekts durch die Regierung vor einer geplanten Rede von Präsident Biden im Innenministerium.
Demonstranten protestieren gegen die Genehmigung des Willow-Ölbohrprojekts durch die Regierung vor einer geplanten Rede von Präsident Biden im Innenministerium. © Patrick Semansky/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Hauptgrund für den massiven Protest sind die Klima- und Umweltschäden, die durch die Ölbohrungen folgen würden. Sollten die gewaltigen Mengen Öl aus Alaska verbrannt werden, erzeugte das rund 240 Millionen Tonnen CO2-Emissionen. Das wären in etwa fünf Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen der USA aus dem Jahr 2021.

USA: Lokalpolitiker erhoffen sich wirtschaftlichen Boom

Hinzu kommt, dass ConocoPhilipps mitten in der Tundra Alaskas Bohrungen und Straßenbauarbeiten vornehmen will. Hunderte Kilometer Straßen, Fluglandebahnen, Minen und Produktionsstätten würden mitten entstehen. Umweltschützer warnen außerdem, dass das Projekt lokalen Tierpopulationen schaden könnte, die Luftverschmutzung zunehmen würde und die Gefahr von Ölkatastrophen steige.

Trotz der Umwelt- und Klimaschutzbedenken befürworten aber auch Teile der lokalen Bevölkerung das Projekt. Lokale Politiker erhoffen sich Arbeitsplätze und Steuereinnahmen durch die Investitionen von ConocoPhilipps. Die Biden-Regierung betont zudem, dass das Projekt die USA unabhängiger von Ölimporten aus dem Ausland mache.

Ölkonzerne haben trotz des Krieges in der Ukraine jüngst hohe Gewinne erzielt.
Ölkonzerne haben trotz des Krieges in der Ukraine jüngst hohe Gewinne erzielt. © Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Klimapolitik: Biden braucht mehr Unterstützung durch den Kongress

Seitens der US-Regierung heißt es, dass der Konzern bereits zuvor umfassende Lizenzen für Ölbohrungen in Alaska besaß. Tatsächlich hatte Donald Trump das Projekt während seiner Präsidentschaft genehmigt. Biden hatte es zunächst gestoppt. ConocoPhilipps hätte gegen ein Verbot weiterer Ölbohrungen also vermutlich auf Schadensersatz geklagt oder sogar die Genehmigung des Projekts vor Gericht erstreiten können.

Ein weiterer Grund für Bidens Sinneswandel könnte allerdings auch seine schwere Stellung im US-Kongress sein. Der US-Präsident besitzt nur in einer Kammer des Kongress' eine hauchdünne Mehrheit und ist auf Unterstützung der beiden Senatorinnen aus Alaska Lisa Kurkowski (Republikaner) und Mary Peltola (Demokraten) angewiesen. Zudem versprach Biden sich nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine verstärkt für bezahlbare Öl- und Gaspreise einzusetzen. Da passt ein Verbot von heimischer Ölförderung nicht ins Bild.

Den Protest gegen das Projekt dürfte das vorerst nicht besänftigen. Es wird damit gerechnet, dass Umweltschützer gegen das Willow-Project klagen. Ein Stopp ist nach der erteilten Genehmigung allerdings zunehmend unwahrscheinlich geworden.