Apolda. Weiterbildung zum Thema „himmlische Instrumente“: Kreisheimatpflege und Apoldaer Geschichtsverein laden zur gemeinsamen Informationsveranstaltung

„Heimat ist, wo ich Bescheid weiß“, sagte die Thüringer Buchpreisträgerin Sybille Berg unlängst in ihrer Danksagung.

Genau um dieses Thema ging es am Wochenende zu einer weiteren Veranstaltung der Reihe „Heimat konkret“ – ein Weiterbildungsangebot für alle Ortschronisten, Heimatpfleger und Interessierte Bürger. Eingeladen dazu hatte die Heimatpflege des Kreises Weimarer Land gemeinsam mit dem Apoldaer Geschichtsverein ins Mehrgenerationenhaus Apolda. Unter dem Titel „Von Glocken und Glockenstühlen“ gaben drei Referenten Einblicke in dieses Themen.

Den ersten Teil übernahm Manfred Hofmann aus Naumburg. Er war bis in die 1980er- Jahre Mitarbeiter der Glockengießerei Schilling und somit an der Herstellung hunderter Glocken beteiligt. In seinem Vortrag den er mit umfangreichen Fotos dokumentierte, erklärte er sehr eindrücklich die einzelnen Schritte von der Planung bis zur Fertigstellung einer Glocke. Rund zweimal im Jahr wurde im Betrieb ein Glockenguss durchgeführt. Je nach Größe wurden dabei zwischen 50 und 60 Glocken auf einmal gegossen. Die Anzahl war abhängig von der Größe der Gussgrube und des Schmelzofens. Bei Schillings wurde dieser bis zu Schluss mit Holz befeuert, so wie vor Hunderten von Jahren.

Eine harte Arbeit war das, wie Hofmann berichtet. Dreißig Stunden lang musste der Ofen auf 1100 Grad Celsius angeheizt werden. In seinem Inneren eine Schmelze 82 Prozent Kupfer und 18 Prozent Zinn. Alle paar Minuten musste ein neuer Holzscheit nachgelegt werden – was selbst harte und kräftige Burschen die letzte Kraft kostete. Während die Arbeiter die Gussformen für große Glocken, die bis zu neun Tonnen wogen, gleich in der Grube herstellten, sind jene für die kleinere Exemplare in den Werkstätten entstanden. Über seine Arbeit hat Hofmann sogar ein Buch geschrieben, das nicht nur interessante Details hervor bringt, sondern auch manches alte und neue Geheimnisse lüftet. Der Titel: „Die Apoldaer Glockengießerei“.

Im Anschluss gab am Samstag

die Musikreferentin des Kreises Weimarer Land, Viola - Bianka Kießling, einen Überblick über „Neue Glocken im Weimarer Land seit 2000“. Demnach hat sich die Glockenfamilie im Landkreis seit 2000 um 16 Einzelglocken und Glockenensembles erweitert. Einige davon sind bereits in einem Glockenbuch „Himmlische Instrumente“ enthalten – andere wurden erst nach der Veröffentlichung gossen, wie jene in Bad Berka. 2015 bekam die Kirche St. Marien zwei Bronzeglocken, die in Maria Laach (Eifel) hergestellt wurden sind.

Auch Wohlsborn ließ 2017 drei Bronzeglocken in der Glockengießerei Bachert in Karlsruhe gießen und hob sie am 21.Dezember 2018 in den Turm. Gleich 18 neue Bronzeglocken bereichern die Landschaft der himmlischen Instrumente im Weimarer Land in Bad Sulzas Sophienklinik. Hier entstand 2019 ein „Carillon“. In Apolda konnte man zum Thüringentag 2017 nochmals einem Glockenguss beiwohnen, allerdings nicht für den heimischen Kirchenkreis, sondern für Cospeda.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch, dass am GlockenStadtMuseum aus zwei alten Glocken der neue Glockenbrunnen entstanden ist.

Neben Manfred Hofmann und der Kreismusikreferentin kam am Samstag auch Iris Engelmann in einem Vortrag zu Wort. Sie sprach über Glockenstühle in Thüringen. Für die Anwesenden deshalb so interessant, weil die dendrochronologische Messergebnisse sonst nicht öffentlich zur Verfügung stehen. Zu Erfahren war dabei auch, dass die frühesten Glockenstühle wohl im 11. Jahrhundert entstanden und sich im Laufe der Zeit in Größe und Form deutlich veränderten.

Ein besonderes Detail wurde zum Schluss erwähnt: Im Weimarer Land gibt es in Nohra einen Grabstein, der den Tod eines elfjährigen Läuters im Jahr 1783 abbildet – die, so wird vermutet, älteste naive Darstellung der Todesursache auf einem Grabstein.