Marksuhl. Mit dem „Welttheater“ zieht das Ensemble Bühnendautenheims auf theatergeschichtlichen Heuwagen durchs Land. Am Mittwoch ist es in Marksuhl, tags darauf in Bad Langensalza.

Sie reisen mit Pferdewagen, gezogen nur etwas moderner, von einem Traktor, und sie spielen auf der theatergeschichtlichen Heuwagenbühne „Welttheater“. Die „Bühnendautenheims“ suchen die Begegnung mit Stadt und Land, so Jan Walter. Nach der Rheinland-Pfalz-Tour 2019, einem ersten Aufbruch mit der Pferdewagen-Bühne von Dautenheim bis nach Mainz, zieht es die Wandertruppe in diesem Jahr durch sechs Bundesländer. Auf dem Weg von Alzey-Dautenheim nach Berlin sind die Theaterleute am Mittwoch in Marksuhl zu erleben, tags darauf in Bad Langensalza (jeweils 20.30 Uhr).

Gespielt wird auf der Tournee das Stück „Das große Welttheater“ von Pedro Calderón de la Bar. Es zeigt die Welt als Bühne, auf der die Menschen ihre vom Autor/Schöpfer zugeteilten Rollen spielen. Zwei Heuwagen aus dem Dautenheimer Landmaschinenfundus, wie sie seit dem Mittelalter bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts für die Feldar­beit benutzt wurden, stellen die Basis einer fahrbaren Wagenbühne. Einer der Wagen trägt die Himmelskugel des Schöpfers, der andere die Weltkugel, dazwischen spannt sich die Bühne des Lebens, auf der die Fragen des Weltzusammenhangs verhandelt werden.

Die Musiktheater-Produktion mit einer Originalkomposition für Streichtrio und Bläserquartett von Clara Gervais fußt auf einer musikalischtheatralischen Recherche zum barocken Fronleichnamsspiel anhand von Calderóns „El gran teatro del mundo“. Die Musik unterlegt die Sprache der Schauspieler mit einer zeitgenössischen Melodik.

Das Ensemble Buehnendautenheims hat sich diesmal, speziell für diese Tour-de-Force, der Theaterforschungsreise, nur aus professionellen, internationalen Musikern, Schauspielern, Bühnenbildnern und einem Dokumentarfilmer formiert, ergänzt mit drei jungen Darstellern aus der Region. Seit elf Jahren entstehen im Sommer in Alzey-Dautenheim (Rheinhessen) Theaterproduktionen, in denen Künstler und Amateure aus dem Dorf auftreten. Der Name Buehnendautenheims steht auch für die Spielorte: nach und nach im Dorf erbaute Bühnen und kleine, für die jeweiligen Stücke gebaute Theater, zuletzt die Pferdewagen-Welttheater-Bühne.

Forschungsreise zur Ursprungsform des Theaters der Wandertruppen

Im Kontrast mit einer anderen Geschwindigkeit und dem poetischen Programm der wandernden Bühne ist es das Ziel der Macher, das Publikum unterwegs an seine eigene ländliche Vergangenheit zu erinnern. Die alten Heuwagen, das Schellen der Bekanntmachungsglocke, die Versammlung zu den Vorstellungen unter freiem Himmel, der Klang der Verse des Calderón, des Eichendorffschen dramaturgischen Gedichts – das ruft für den Moment der Aufführung die Festtradition des Ortes und eine Erinnerung an die bäuerliche Geschichte zurück.

Die Idee hinter der Tournee ist auch eine Forschungsreise zur Ursprungsform des Theaters der Wandertruppen. Die Wanderbühnen-Reise bringt das Ensemble in 17 Tagen mit abendlichen Vorstellungen über Feldwege und kleine Landstraßen täglich circa 40 Kilometer durch Stadt, Land, und Dorf zu den Menschen, die einem in Calderóns Stück begegnen. Gespielt wird unter freiem Himmel: auf Plätzen, vor Kirchen, auf einer Burg, in Park. (red)