Susanne-Maria Breustedt stellt die Frage, was Menschen in unserer Zeit überhaupt noch trösten kann? Die Natur? Aber auch der geht es schlecht...
Solastalgie ist eine Wortschöpfung, die neuerdings in Debatten um die Folgen des Klimawandels kursiert. Leiden an der Trostlosigkeit kann man das Wort übersetzen. Es meint das Leiden an verloren gegangenen Landschaften durch Dürre, Überflutung, Abholzung.
Menschen erleiden einen Verlust, der nicht rückgängig gemacht werden kann. Die Landschaft ihres bisherigen Lebens stirbt oder verschwindet allmählich. Solches Leiden wird auch durch Krieg, Terror und Vertreibung ausgelöst oder durch einen persönlichen Schicksalsschlag.
Bekannter ist das Wort Nostalgie (Heimweh), das die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten beschreibt. Solastalgie hingegen ist verbunden mit dem Verschwinden des heimatlichen und vertrauten Raumes, mit der Trauer um die sichtbaren Verletzungen der Natur, die menschengemacht ist.
Die Geborgenheit im Schlechten
Die Natur war und ist für uns Menschen eine der wichtigsten Quellen des Trostes. Unerschöpflich schien sie Menschen in der allertiefsten Traurigkeit geheimnisvoll berühren zu können. Natur aber, die stirbt, kann keinen Trost spenden, im Gegenteil, sie verstärkt womöglich das Gefühl, untröstlich zu sein. Aber was bedeutet das Wort Trost?
Wir sprechen vom billigen Trost, dem Trostpreis, wollen nicht vertröstet werden und auch kein Trostpflaster bekommen. Auf die Vertröstung durch Religion sollen wir verzichten. Trost ist offenbar unmodern. Dabei sind Anlässe für Trost so vielfältig wie alles Leid. Trost brauchen alle Menschen, die etwas unwiederbringlich verlieren. Der Philosoph Peter Strasser nennt den Trost die Geborgenheit im Schlechten. Der Trost kann den Grund des Leids nicht verändern, aber er kann kurzzeitig das Leiden am Leiden lindern. „Siehe, um Trost war mir sehr bange. Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen“, dankt Jesaja Gott nach schwerer Zeit.
Die Redewendungen „Trost spenden“, „Trost schenken“ beschreiben den Trost als eine Gabe, ein Geschenk. Er ist eine sehr sensible Angelegenheit, erfordert Einfühlungsvermögen, Nähe und ein vorsichtiges Maß an Distanz. Zutiefst verzweifelte Menschen erzählen, dass Trost aus der Musik, aus schönen Dingen, aus liebevollen Menschen wachsen kann. Er soll sich wie ein warmer Mantel um die Schmerzen legen.
Sie wissen sicher, was Sie in schwerer Zeit getröstet hat. Für mich gehört unbedingt das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms dazu mit dem vertonten Jesaja-Vers: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“
Veranstaltungstipp: Sonntag, 19. November, 17 Uhr, Georgenkirche Eisenach: Johannes Brahms „Deutsches Requiem“