Erfurt. Nach der Buga in Heilbronn muss sich Thüringens Hauptstadt noch mächtig strecken, um ebenso erfolgreich zu sein.
„Heilbronn legt die Messlatte hoch“ lautete eine Schlagzeile der lokalen Presse nach dem Abschluss der Bundesgartenschau in der baden-württembergischen Stadt. Sie dürfte Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) in den Ohren klingeln. Denn, wie er selbst bei der Staffelstab-Übergabe sagte, nun läuft der Countdown. Nun schaut alles auf Erfurt.
Tatsächlich legte Heilbronn mit 2,3 Millionen Besuchern eine Marke vor, die das selbst gestellte Ziel übertraf und schwer zu knacken ist. Erfurt hat sich zwei Millionen als Ziel gesetzt. Ist das mit den Hauptschauplätzen Petersberg, Egapark und Geraaue zu schaffen? Und sind diese überhaupt 2021 bereit dafür? Ein Blick auf ursprüngliche Pläne, den heutigen Stand der Vorbereitungen und Chancen.
Buga 2021: So soll sich das Gelände auf dem Petersberg wandeln
Egapark
Liegt es daran, das die Geschäftsführerin der Buga gGmbH, Kathrin Weiß, hier quasi ihr zweites Zuhause hat? Als Chefin des größten Gartens der Stadt kann sie sich gedanklich etwas zurücklehnen. Der Bau des Klimazonenhauses Danakil läuft auf Hochtouren und auch die Finanzierung des 22-Millionen-Euro-Projektes ist gesichert. Mit dem größten Blumenbeet hat die Ega eine Attraktion, mit der man bei jedem Buga-Besucher punkten kann. Die Sanierung historischer iga-Gebäude rundet das Angebot ab. Es läuft, kann die Buga- und Ega-Chefin sagen. Die Puristen unter den Gartenfreunden werden aber an dieser Stelle einhaken und auf den Karl-Förster-Staudengarten verweisen. Dieser könnte doch ein hausgemachtes Buga-Juwel sein, wird nun dank der Egapark-Freunde auch in die Kur genommen - aber das Geld reicht nur für den oberen Teil.
Der Petersberg
An die Geschichte der Citadelle anknüpfend könnte man spontan von einem Rohrkrepierer sprechen, denkt man an all die Ideen und Träume, die sich bisher schon an den Buga-Standort Petersberg knüpften.
Ein Traum war, dass die Ruine der Defensionskaserne bis zur Buga saniert ist und als Blickfang die Besucher empfängt. Im Juni 2016 war er geplatzt, als - wer erinnert sich noch daran? - Landesmedienanstalt und Parität von ihren Umbau- und Nutzungsplänen zurücktraten. Dann sollte als Attraktion ein Schaufenster Thüringen auf dem Plateau halb eingebuddelt werden. Was - frei nach Motto, nichts Halbes und nichts Ganzes - verworfen wurde. Nun ist nach viel Geheimdiplomatie die Entscheidung für ein Landesmuseum gefallen. Welches schlappe acht Jahre nach der Bundesgartenschau öffnet.
Welcher Anblick sich den Buga-Gästen nun bietet, wenn sie über das Kommandantenhaus - zu dessen Umbau zum Petersberg Entree soll am Mittwoch immerhin die Entwurfsplanung beschlossen werden - das Areal betreten, wurde dagegen nicht offen ausgesprochen.
Klar, es wird wohl mehr als mit dem Besen und Kehrblech Ordnung gemacht, um die temporäre Gastronomie dort unterzubringen. Aber an die Außenfassade wird sich angesichts des späteren Großprojektes niemand trauen. Tarnt dann vielleicht wirklich eine Reihe Palmen die Fassade, wie die jüngste Visualisierung glauben macht?
Spannend auch: War der neuen Anblick des Plateaus das Fällen fast aller Bäume wert?
Punkten kann der Petersberg gewiss mit den geschichtlichen Höhepunkten. Die Festung selbst, die Peterskirche, die durch die Schlösserstiftung saniert wird. Die Themengärten mit Anspielungen auf die Gartenbautradition der Stadt sind bestimmt eine nette Idee, ob das typische Buga-Publikum darauf anspringt, muss sich zeigen.
Ein Bastionskronenpfad wäre gewiss - allein wegen des Alleinstellungsmerkmal des Begriffes - da schon hilfreich gewesen. Gerade wenn man die Beliebtheit des Baumkronenpfades im Hainich, ähnlicher Luftstege oder auch von Skywalks wie dem im Allgäu betrachtet. Das Erfurter Projekt spielt aber auch bei der Zuwegung der einzelnen Schaubereiche eine zentrale Rolle. Der - nennen wir es - nicht immer geschickte oder aus anderer Sicht skrupellose Umgang mit Stadtgrün, zeigt Folgen. Rächt sich nun, dass die Buga-Vorbereitungen in eine Phase fällt, die einmal als Bäume-Streit-Epoche in die Stadtgeschichte eingeht?
Geraaue
Hunderte Bäume wurden in den vergangenen zwei Jahren entlang der Gera gefällt. Und dennoch hat die Geraaue das Zeug dazu, auf Dauer gerade bei den Erfurtern zu punkten. Ein erweiterter Nordpark mit einem Spiel- und Sportentree, gerade und bequeme Wegeverbindungen und mit dem Garnisonslazarett ein Zugang vom urbanen Raum der Nordhäuser Straße sowie nicht zu vergessen ein Fluss, an dessen Ufer man rankommt, um dort zu spielen oder sich zu erholen. Das sind schon reizvolle Dinge, mit denen sich auch engagierte Baum- und Naturschützer mit der Zeit anfreunden können. Vielleicht sogar mit dem barrierefreien Zugang, für den leider wirklich große Bäume fielen.
Alles im grünen Bereich ist aber auch bei diesem Buga-Schwerpunkt nicht. Und da seien gar nicht solche Details wie eine fehlende Unterführung unter der Warschauer Straße gemeint, die aus technologischen und Kostengründen erst während oder nach der Buga fertig wird.
Oberbürgermeister Andreas Bausewein pries erst am Freitag bei einem Rundgang hier die Vorzüge für die Erfurter und guten Auswirkungen auf die Stadtentwicklung. Doch ist die Geraaue 2021 auch bundesweit noch als echter Buga-Standort zu verkaufen, wenn es hier keinen Ausstellungsbereich mit Themengärten zu bestaunen gibt? Wie geht die Stadt damit logistisch und bei der Vermarktung um? Will man die Besucher weiter hierhin locken und fährt die Buga-Tramlinie wie geplant?
Das sind drei der spannenden und offenen Fragen, die sich anderthalb Jahre vor der Eröffnung stellen. Eine alle Standorte betreffende ist, ob denn alle Bauprojekte ob der knappen Zeit noch fertig zu kriegen sind? Auch wenn Bausewein gern damit kokettiert, dass naturgemäß hinten der letzte Bagger rausfährt, wenn vorn die ersten Besucher das Gelände betreten.
Kulturprogramm
Die Attraktivität der Bundesgartenschau generiert sich aber auch von einem abwechslungsreichen und reizvollen kulturellen Begleitprogramm. Hier stehen hinter zwei Zahlen noch große Fragzeichen. In 25 Themenwochen sollen 5000 kulturelle Veranstaltungen jedweder Art stattfinden. Wenn jedes Eierlaufen im Nordpark dazu zählt, ist letztere ganz bestimmt zu erreichen. Das ist aber nicht entscheidend. Sondern, ob in den Themenwochen Bonbons zu finden sein werden, die extra Publikum anlocken.
Und vielleicht sogar die Erfurter mit ihrer Buga nach all den aufreibenden Geschichten im Vorfeld versöhnen.
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Casjen Carl