Erfurt. Laut Polizei sind ein Drittel aller Tatverdächtigen in Erfurt Nicht-Deutsche. Doch wie aussagekräftig ist die Kriminalstatistik? Und um welche Taten geht es?

Ein Drittel der Menschen, die in Erfurt einer Straftat verdächtigt werden, sind Ausländer. Das zeigt die Kriminalstatistik der Landespolizeiinspektion Erfurt für 2022. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, auf zuletzt 33 Prozent. Damit tauchen Nicht-Deutsche überproportional häufig in der Statistik auf, denn sie machen nur elf Prozent der Erfurter Bevölkerung aus.

Sicherheit ist ein drängendes Thema in Erfurt

Zur Einordnung: Die 33 Prozent sind der Anteil ausländischer Verdächtiger aller in 2022 erfassten Straftaten. Ohne Verstöße gegen das Ausländerrecht, die nur von Nicht-Deutschen begangen werden können, sinkt der Anteil auf 32 Prozent. Wird zusätzlich das Schwarzfahren als vergleichsweise geringes Vergehen aus der Statistik gestrichen, machen Ausländer 26,5 Prozent aller Tatverdächtigen aus.

Die Sicherheit in der Stadt treibt viele Erfurter um. Im Bild ist ein Polizeieinsatz nach einer Schlägerei größtenteils arabisch-stämmiger Personen im September auf dem Anger.
Die Sicherheit in der Stadt treibt viele Erfurter um. Im Bild ist ein Polizeieinsatz nach einer Schlägerei größtenteils arabisch-stämmiger Personen im September auf dem Anger. © Erfurt | Kathleen Kröger

Statistiken wie diese zahlen direkt auf die Gefühlslage vieler Menschen in der Stadt und in Thüringen ein. Die Sicherheit ist für die Erfurter eines der drängendsten Themen, wie eine Umfrage im Auftrag der Stadtverwaltung ergab.

Zugleich bescheinigen Umfragen der als rechtsextrem eingestuften AfD in Thüringen Höhenflüge. Pauschale Ressentiments gegen Ausländer sind fester Bestandteil des Parteiprogramms. Doch wie aussagekräftig ist die Polizeistatistik, welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen und welche nicht?

Statistik kann Kriminalität nicht exakt abbilden

Die Polizei selbst stellt klar, dass sie mit der Statistik die Entwicklung der Kriminalität nicht exakt nachzeichnen kann. Zum einen sind der Polizei nicht alle Straftaten bekannt, zum anderen liegt die Bearbeitungszeit dazwischen. In der Statistik tauchen nur jene Straftaten auf, die an die Justiz weitergegeben wurden.

Eine weitere Einschränkung: Die Kriminalstatistik wird durch die Zahl der Kontrollen beeinflusst. Je mehr kontrolliert wird, desto mehr Fälle werden bekannt. Wird umgedreht in einem bestimmten Bereich weniger kontrolliert, wird dies in der Statistik als Rückgang verbucht, auch wenn das womöglich nicht der Realität entspricht.

Die Polizei nennt Drogenkontrollen als Beispiel. Diese sind 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 41 Prozent gesunken. „Trotz der geringeren Fallzahlen kann dennoch nicht von einem Rückgang gesprochen werden. Vielmehr wurden in diesem Bereich weniger Kontrollen durchgeführt und damit weniger Feststellungen getroffen“, erklärt Polizeisprecherin Julia Neumann.

Schwarzfahren ist das häufigste Delikt

Die Kriminalstatistik ist also eine reine Fallzahlendarstellung. Erst wenn mehrere Jahre miteinander verglichen werden, ist sie laut Polizei für die Analyse brauchbar. Der Anteil ausländischer Tatverdächtiger wächst seit Jahren kontinuierlich. Von 9,1 Prozent im Jahr 2010, auf 16,9 Prozent in 2015 und 28,6 Prozent in 2021. Die in der 2022er-Statistik am häufigsten vertretenen Nationen sind Polen, Syrien, Afghanistan, Rumänien, Irak und die Slowakei.

Welche Delikte werden Ausländern nun am häufigsten zur Last gelegt? Spitzenreiter ist hier das Schwarzfahren. Das wird allein 930 der insgesamt 2612 nicht-deutschen Tatverdächtigen vorgeworfen. Gegen 513 Menschen laufen Ermittlungen wegen Rohheitsdelikten, also unter anderem Körperverletzung. Der einfache Ladendiebstahl schlägt mit 502 Tatverdächtigen zu Buche. Wegen Rauschgiftdelikten müssen sich 167 ausländische Frauen und Männer verantworten.