Tambach-Dietharz. Hunderte Bootsfahrer in Tambach-Dietharz haben sich angemeldet. Ein umfangreiches Rahmenprogramm ist ausgearbeitet. Protest formiert sich am Unterlauf infolge des Niedrigwassers.

Trockenheit und Niedrigwasser hin oder her – diesen Samstag rauscht wieder Wasser die Apfelstädt herunter. Anlässlich des Grundwasserablasses der Schmalwasser-Talsperre werden Boote in Tambach-Dietharz zum Rafting ins Wasser gelassen.

Zum 19. Mal nutzt die Stadt Tambach-Dietharz den kurzzeitige Tiefenwasser-Ausstoß für das eintätige Spektakel auf und an der Apfelstädt. Erfahrungsgemäß bekommen die Bootsbesatzungen auch noch kalte Duschen von Anrainern zwischen Start am Brauhausplatz und Zielort Seeberger Fahrt ab.

Die Nachfrage ist groß. „Seit April sind wir schon an unseren Grenzen“, sagt der Bürgermeister von Tambach-Dietharz, Marco Schütz (parteilos). Aber es gebe immer noch freie Plätze, ließen sich einzelne Fahrten buchen. Das Rafting finde Unterstützung im ganzen Ort. Angefangen von Feuerwehr und DLRG, die sich um Absicherung kümmern – die Boote selbst steuern Kanusportler von Berro-Tours aus Naumburg –, bis zu Bewirtung und Wasserduschen.

Ein Anwohner schaut auf den nun schon seit Wochen trockenen Mühlgraben. Grund ist das wenige Wasser in der Apfelstädt.
Ein Anwohner schaut auf den nun schon seit Wochen trockenen Mühlgraben. Grund ist das wenige Wasser in der Apfelstädt. © Peter Riecke

Doch nicht überall wird das Rafting mit Freude erwartet. Alice Zießler aus Neudietendorf hat am 8. Juli auf der Internet-Plattform Openpetition eine Petition gestartet, das Wildwasser-Rafting bei Wassermangel zu verbieten. Im Blumenladen „Floriness“ in der Neudietendorfer Zinzendorfstraße werden dafür Unterschriften auch traditionell auf Papier gesammelt. Bis zum Morgen des 1. August fand die Petition laut „ www.openpetition.de “ 611 Unterstützer, davon 503 aus Thüringen. Den Kritikern scheint es unangebracht, große Mengen Talsperrenwasser mit einem Male abzulassen, während die Apfelstädt sonst zurzeit fast trocken liegt.

Allerdings gibt es den kurzzeitig stark gesteigerten Ablass schon länger als das Rafting. Die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) verweist darauf, dass man bereits mehr Wasser abgebe, als in die Talsperren zufließe. Das liege über den Vorgaben des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz. Ohne die Talsperren würde die Apfelstädt mehrere Monate im Jahr natürlicherweise trocken fallen.

Für das Rafting würden etwa 300.000 Kubikmeter sauerstoffarmes Tiefenwasser abgegeben, erklärte TFW-Sprecherin Anne Barthel. Das entspräche an sieben Tagen einer Aufhöhung von 0,5 Kubikmeter/Sekunde, wovon aufgrund der natürlichen Versinkungsstellen in einem etwa fünf Kilometer langen Abschnitt der Apfelstädt zwischen Hohenkirchen und Wechmar 90 Prozent in den Untergrund versickern und nur zehn Prozent unterhalb dieses Abschnittes im Gewässer verbleiben (wir berichteten am 24. Juli).

611 Gegner unterstützen Petition

Der Bürgermeister der Landgemeinde Nesse-Apfelstädt, Christian Jacob (CDU), spricht in einem Brief, abgeschickt als ­E-Mail vom 30. Juli an Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) die plötzliche Wasserabgabe ebenfalls kritisch an, erwähnt aber ebenso kritisch die Pläne der TFW, über eine bisher nicht mehr genutzte Trinkwasserleitung Brauchwasser aus der Schmalwasser-Talsperre nach Erfurt zu leiten (wir berichteten am 17. Mai), um Strom zu erzeugen und Pflanzen zu bewässern. Denn dieses Wasser stehe der Apfelstädt dann dauerhaft nicht mehr zur Verfügung.

Bereits jetzt liegt der vor Jahren renaturierte Mühlgraben, der von der Apfelstädt gespeist würde, seit Wochen trocken. In der Apfelstädt selbst seien Fischtreppen angelegt, aber Fische können sie nicht nutzen, da das Wasser nicht einmal für deren Überleben reicht (wir berichteten am 24. Juli). Ökostrom zu Lasten der Natur sei ein Widerspruch in sich, meint Jacob.