Gera. Am Landgericht Gera hat ein Prozess gegen einen einstigen Spitzenbeamten und zwei Unternehmer begonnen. Das sind die Vorwürfe.

Am Landgericht Gera hat am Donnerstag ein Prozess gegen eine frühere Führungskraft des Oberlandesgerichtes in Jena und zwei Unternehmer begonnen. Sie sind wegen Untreue beziehungsweise Bestechung angeklagt. Dem Freistaat Thüringen ist laut Staatsanwaltschaft Gera ein Schaden von mehreren Hunderttausend Euro entstanden.

Der Hauptangeklagte war bis Sommer 2019 Referatsleiter beim Thüringer Oberlandesgericht in Jena und damit entscheidungs- und leitungsverantwortlich für das Haushaltswesen, die Personalangelegenheiten und das Beschaffungswesen. Laut Anklage soll er aufgrund zunehmender Verschuldung vermehrt auf private Darlehen aus seinem Bekanntenkreis zurückgegriffen haben, so auch von einem befreundeten Jenaer Unternehmer.

Leiharbeitskräfte am Oberlandesgericht eingesetzt

Hieraus soll sich ab dem Jahr 2012 ein fortgesetzter Austausch von Darlehensgewährungen und Rückzahlungsstundungen einerseits und Auftragsvergaben an verschiedene Unternehmen des Angeklagten andererseits entwickelt haben. So soll der Unternehmer Leiharbeitskräfte zur Verfügung gestellt haben, ohne über die erforderliche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu verfügen. Dies war für den Freistaat Thüringen aufgrund der vereinbarten Stundensätze teurer, als die Mitarbeiter direkt anzustellen. Unregelmäßigkeiten listet die Anklage auch beim Einkauf von höhenverstellbaren Schreibtischen oder Zeitungsabos auf.

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Die OLG-Führungskraft soll zudem ab 2016 Dienstleistungs- und Beratungsleistungen zum Arbeitsschutz ohne Ausschreibung über 220.000 Euro an einen weiteren Firmeninhaber, der heute eine Fußballschule betreibt, vergeben und im Gegenzug Darlehensbeträge erlassen bekommen haben.

Unregelmäßigkeiten bei Beratungsleistungen

Bereits 2014 soll der Gerichtsmitarbeiter mit einem Unternehmer einen Vertrag für Unterstützungs- und Betreuungsdienstleistungen beim Betrieb und der Benutzung von Spracherkennungssoftware zu einem monatlichen Pauschalpreis geschlossen haben. Das Verfahren gegen diesen Unternehmer ist gegen die Zahlung von 50.000 Euro endgültig eingestellt worden.

Der Verteidiger des einstigen OLG-Mitarbeiters, Peter Tuppat, wies im Namen seines Mandanten die Vorwürfe aus der Anklage vollumfänglich zurück. Sein Mandant habe keine Bestechungsgelder angenommen. Beide Unternehmen bestritten die vorgeworfenen Taten ebenfalls: Diese Details haben sie im Prozess verraten.

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Die erste Strafkammer hat weitere 33 Prozesstage bis Dezember 2024 angesetzt. Verteidigerin Heide Sandkuhl, die einen Jenaer Unternehmer vertritt, stellte einen Aussetzungsantrag. Sie verwies auf das Ermittlungsverfahren gegen den früheren Präsidenten des Oberlandesgerichtes wegen des Verdachtes der Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat. Demnach bestehe der Anfangsverdacht, dem OLG-Präsidenten seien die nicht zulässigen Dienstleistungsverträge bekannt gewesen. Es sei wichtig, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vor dem weiteren Fortgang der Hauptverhandlung zu kennen oder die Vorwürfe gemeinsam zu verhandeln. Den Antrag lehnte die erste Strafkammer unter Vorsitz von Uwe Tonndorf ab.

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