Gera. Drogenhandel im Umfeld der Turonen: Wie die Verteidigung versucht, 14 Jahre Haft für ihren Mandanten zu verhindern.

Die Verteidiger eines früheren NPD-Landtagskandidaten aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt ziehen alle Register im Plädoyer, um eine langjährige, von der Staatsanwaltschaft Gera geforderte Strafe wegen Drogenhandels zu verhindern. 14 Jahre will die Anklage den 40-Jährigen in Haft stehen.

Stefanie Ernst und Ingo Henkel führen das Plädoyer in verteilten Rollen auf und fahren eine zweigleisige Strategie. Zum einen äußern sie, dass die beantragte Strafe viel zu hoch wäre, falls ihr Mandant die Taten verübt haben sollte. Im Ziel beantragen sie gar einen Freispruch. Deutlich wird: Sie wollen vor allem die Schöffen beeindrucken.

Ärger über das von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafmaß

Die Verteidigung mokiert sich, dass die von der Staatsanwaltschaft geforderte Gesamtfreiheitsstrafe nur ein Jahr unter der maximal möglichen Strafe von 15 Jahren liegt. Sie zieht den unlauteren Vergleich zum Verfahren nach dem tödlichen Unfall von Bad Langensalza. Ein Autofahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung von sieben Menschen zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. „Unser Mandant hat kein Menschenleben zu verantworten und soll für 14 Jahre eingesperrt werden“, sagt die Verteidigerin.

Die höchste Einzelstrafe von neun Jahren für den Handel mit fünf Kilogramm Crystal falle zu hoch aus, somit auch die Gesamtstrafe. Normalerweise sei eine Gesamtstrafe von unter sechs Jahren angemessen, da es weder eine Drogenbande war, noch Waffeneinsatz gegeben habe und die Justiz angesichts der Überwachung bereits zugeschaut habe. Was Widerspruch der Oberstaatsanwältin Heike Schneider erregt, weil die Daten der überwachten Kryptohandys erst zeitversetzt vorlagen.

Verteidigung hält Kryptochats für nicht verwertbar

Die Chats auf den verwendeten Kryptohandys, die detailliert die Geschäfte nachvollziehen lassen, sind aus Sicht der Anwälte nicht verwertbar, da höchstrichterliche Entscheidungen vom Europäischen Gerichtshof fehlen. Die Daten des vom FBI initiierten Kryptodienstes Anom seien gar rechtsstaatswidrig erhoben. Auch die Aussagen der Kronzeugen gegen ihren Mandanten taugen aus Sicht der Verteidigung nicht, weil es diesen nur darum gehe, ihre eigene Strafe zu minimieren. Sie seien Märchenerzähler.

Ihr Mandant habe „kein luxuriöses Drogendealer-Leben“ geführt, sagt die Verteidigung, will einen Freispruch erzielen. Das steht im krassen Gegensatz zum Antrag der Staatsanwaltschaft, die neben der langen Freiheitsstrafe auch einen Wertersatz von einer Million Euro erreichen will. Diese Einnahmen soll der Angeklagte den Ermittlungen zufolge mit den 70 Kilogramm Drogen erzielt haben. Er gehöre zu den führenden Köpfen im Umfeld der Turonen, die Thüringen bei Drogengeschäften unter sich aufgeteilt hätten, sagte die Oberstaatsanwältin.

Die dritte Strafkammer des Landgerichtes Gera muss nun entscheiden.

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