Maskat. Das letzte Testspiel offenbart noch einige Schwächen beim DFB-Team. Sturm-Debütant Niclas Füllkrug aber macht Hoffnung auf mehr.

Niclas Füllkrug hatte es eilig, schnellen Schrittes verließ er die Mannschaftskabine im Sultan Qaboos Sports Complex von Maskat, durch die auch kurz vor Mitternacht noch immer feuchtwarme Luft in der omanischen Hauptstadt und hinein in den klimatisierten Mannschaftsbus. Der Stürmer wusste, dass ihm ein anspruchsvolles Programm bevorsteht. Schon am Donnerstag ging es für die deutsche Nationalmannschaft weiter, aus dem Oman nach Katar ins Zulal Wellness Resort, wo die Mannschaft um 14.12 Uhr Ortszeit ankam und von singenden und trommelnden Hotelangestellten mit Deutschlandfähnchen empfangen wurde. Vorher, noch in der Nacht, hatte der 29-Jährige im Nobelhotel Kempinski die obligatorische Medaille für Länderspielneulinge überreicht bekommen und eine kurze Rede gehalten.

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„Ich hätte auch nichts dagegen, dass er etwas singt“, hatte sein Mitspieler Jonas Hofmann vorher gewitzelt. „Aber ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“ War es nicht, fand zumindest Füllkrug selbst. Der Stürmer hatte ja vorher schon einiges für eine gute Stimmung getan, hatte zum Ende des zähen Testspiels gegen den Oman das 1:0 geschossen. Ihn in der Halbzeitpause für den anderen Debütanten zu bringen, den 17-jährigen Youssoufa Moukoko, war eine ziemlich gute Idee gewesen, denn so wurde wenigstens ein peinliches Unentschieden vermieden beim 75. der Fifa-Weltrangliste.

Neuer und Flick loben Füllkrug in höchsten Tönen

Füllkrug aber sorgte für erheblich mehr Präsenz im gegnerischen Strafraum, er verlieh dem deutschen Spiel zumindest phasenweise jene Zuspitzung, die in den 45 Minuten zuvor meist gefehlt hatte. „Er gibt uns etwas, was wir vorher nicht so hatten, er ist ein richtiger Strafraumstürmer“, lobte Hofmann. „Er ist ein wichtiger Spieler für uns vorne im Strafraum, er hat ein gutes Gefühl im Strafraum und er wird wichtig sein für uns“, meinte Kapitän Manuel Neuer. Und Bundestrainer Hansi Flick verriet: „Ich habe gesagt: Zeigt, dass ihr bereit seid für die WM. Er hat es gezeigt! Er war sehr präsent vorne im Sturmzentrum.“

Was prompt die Frage aufwarf, ob man diese Präsenz nicht auch im WM-Auftaktspiel gegen Japan am Mittwoch (14 Uhr deutscher Zeit/ARD) gebrauchen kann inmitten all der Tempowusler, die sonst das deutsche Offensivspiel prägen. „Ich will da nicht zu viel verraten“, wich Flick aus. „Wir lassen alles mit einfließen, deswegen haben wir noch ein paar Tage Zeit und können das in Ruhe entscheiden.“ Doch Füllkrug dürfte eher der Mann für die speziellen Momente bleiben. Der kommt, wenn sich die Dribbelkünstler wieder und wieder im gegnerischen Abwehrdickicht verfangen, wenn die Mannschaft dringend ein Tor braucht, egal wie.

Test gegen den Oman hätte auch gewaltig schiefgehen können

Und im Oman brauchte sie dringend eins, das war die weniger gute Erkenntnis aus diesem Testspiel. Denn die Gastgeber präsentierten sich noch etwas widerspenstiger als erwartet, verteidigten einerseits sehr diszipliniert und setzten vorne immer wieder gefährliche Konter – gegen eine deutsche Mannschaft, die es ihnen aber auch leicht machte, weil sie vorne die Bälle unpräzise spielte, hinten gewaltige Lücken ließ und auf Körperlichkeit im Zweikampf weitgehend verzichtete. Und wären die Omaner etwas genauer im Abschluss gewesen, hätte dieser letzte Test auch gewaltig schiefgehen können.

„Ich bin nicht happy, wie wir verteidigt haben“, haderte Flick. „So dürfen wir bei der WM nicht spielen.“ Und dann wies der Trainer gleich darauf hin, warum man bei der WM auch mit ziemlicher Sicherheit nicht so spielen werde: Es war ja eine reichlich zusammengewürfelte Mannschaft angetreten, die nur ein gemeinsames Training in den Beinen hatte, die das schwülwarme Klima noch nicht gewöhnt war und in der die Spieler als großes Ziel hatten, sich bloß nicht noch zu verletzen so kurz vor der WM. Man dürfe nicht alles schlecht reden, befand Jonas Hofmann. „Wir haben gewonnen, das zählt“, sagte er dann einen Satz, den man nach Testspielen eher selten hört, weil es doch um Erkenntnisse statt Ergebnisse geht.

Bis zum WM-Auftakt ist noch einiges an Arbeit

Aber natürlich ist ein 1:0 besser als ein 0:0 und Hofmann rechnete vor: „Wenn wir jedes Spiel 1:0 gewinnen, sind wir Weltmeister. Und wenn wir dabei schlecht spielen, würde mich das überhaupt nicht jucken und Fußballdeutschland sicher auch nicht.“ Der Gladbacher weiß aber auch, dass guter Fußball die Chance auf Erfolge deutlich erhöht und dass gegen die Gruppengegner Japan, Spanien und Costa Rica besserer Fußball und vor allem bessere Abwehrarbeit gebraucht wird.

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Viel Zeit ist nicht mehr bis zum WM-Auftakt, dafür einiges an Arbeit. „Klar ist, in allen Abläufen, ob das defensiv oder offensiv ist, brauchen wir noch Trainingseinheiten“, sagte Flick. Dennoch spendierte er der Mannschaft erst einmal einen freien Tag. „Nochmal runter von den Füßen, keine große Belastung, einfach nochmal runterfahren“, gab der Bundestrainer vor. Auf den ersten Blick ein Widerspruch, doch es passt zu Flicks Maxime: Selbstsicherheit und Ruhe ausstrahlen, nur nicht hektisch werden, den Spielern ein gutes Gefühl geben – und nicht nach einem Testspiel alles umwerfen. „Ich bin ganz zuversichtlich“, verkündete Flick. „Wenn wir in Katar ankommen, wenn wir uns auf Japan vorbereiten, dann hat jeder Einzelne das Spiel gegen Japan im Blick und jeder wird absolut fokussiert sein. Daher bin ich überzeugt, dass wir da eine andere Mannschaft sehen, auch eine andere Körperlichkeit.“

Bella-Kotchap: "Bei der WM alles besser machen"

Noch kürzer, noch prägnanter brachte es Armel Bella-Kotchap auf den Punkt, der nach 30 Minuten für Lukas Klostermann gekommen war: „Wir nehmen das Positive mit und versuchen einfach, bei der WM alles besser zu machen.“

Alles besser machen – leicht gesagt, aber deutlich weniger leicht umgesetzt.