Tokio. Die deutschen Turner ziehen als Team ins Mehrkampf-Finale. Dabei ragt der deutsche Meister heraus und ein Berliner überrascht. Die Medaillen machen Rio-Sieger Japan, China und Russen unter sich aus.

Trainer Valeri Belinki hüpfte vor Freude, seine Schützlinge lachten, umarmten sich und waren einfach nur glücklich: Angeführt vom deutschen Mehrkampf-Meister Lukas Dauser sind die deutschen Turner zum dritten Mal hintereinander in ein olympisches Mannschaftsfinale eingezogen.

Die Riege mit Dauser (Unterhaching), Andreas Toba (Hannover), Nils Dunkel (Erfurt) und Philipp Herder (Berlin) sammelte am Samstag in der Mehrkampf-Qualifikation 249,929 Punkte und zog damit als Sechstes ins Team-Finale am Montag ein. Bei den Spielen 2012 und 2016 war die Riege des Deutschen Turner-Bundes (DTB) jeweils Siebter geworden.

Dauser zeigt sich bärenstark

"Man kann es gar nicht beschreiben. Für uns geht ein absoluter Traum in Erfüllung, für uns als Team erstens, aber auch für mich persönlich", sagte Dauser. Und weiter: "Jetzt hier bei dem Wettkampf, wo es wirklich drauf ankommt, auf den Punkt fit zu sein, sechs Übungen wirklich au den Punkt zu turnen, das war mein großes Ziel. Am Ende springen drei Finals für mich raus, das ist die maximale Ausbeute."

Für seine Übungen am Boden, dem Pauschenpferd, den Ringen, beim Sprung, am Barren und am Reck bekam er 83,731 Punkte. Damit erreichte er als 20. zugleich das Finale im Einzel-Sechskampf. Auch Herder zog mit 82,432 Punkten überraschend ins Finale ein. Zudem wurde der 28-jährige Dauser mit 15,733 Punkten Zweitbester am Barren und turnt im Endkampf der besten Acht um eine Medaille.

Dreikampf um Medaillen - Routiniers vor Karriereende

Um die Team-Podestplätze bahnt sich derweil ein packender Dreikampf zwischen Japan, den Athleten des russischen Olympia-Komitees und China an. Der Olympiasieger von 2016 in Rio de Janeiro erturnte im Ariake Gymnastics Center 262,251 Punkte. Zweiter der Qualifikation waren die Chinesen mit 262,061 Punkte vor den Russen (261,945).

Bester in der Mehrkampf-Einzelwertung war der Japaner Daiki Hashimoto mit 88,531 Punkten vor Welt- und Europameister Nikita Nagorni, der im Sechskampf aus Ringe, Pauschenpferd, Boden, Sprung, Barren und Reck 87,897 Punkte sammelte.

Ein frühes Aus ereilte zwei Turn-Helden früherer Jahre. Der Japaner Kohei Uchimura und der Niederländer Epke Zonderland überstanden die Qualifikation nicht und befassen sich mit ihrem Karriereende. Superstar Uchimura, der zwischen 2009 und 2016 alle Mehrkämpfe bei Olympia und Weltmeisterschaften gewonnen hat, missglückte ebenso seine Reckübung wie zuvor dem Niederländer Zonderland. Der 32-jährige Uchimura, der in Tokio nur am Reck antrat, rutschte vom Holm ab und bekam nach dem unfreiwilligen Abgang nur 13,866 Punkte. Damit verpasste er das Finale der besten Acht am 3. August.

Das gleiche Schicksal hatte zuvor Zonderland ereilt. Der Reck-Olympiasieger von 2012 in London bekam für seine Übung nur 13,833 Punkte. Der langjährige Konkurrent von Rio-Olympiasieger Fabian Hambüchen wird seine Karriere nach Tokio wohl beenden. Er habe vorher immer gesagt, dass es eine kleine Chance auf die WM-Teilnahme im Oktober in Japan gebe. "Die Chance ist immer noch da. Ich denke, da sind zwischen einem und fünf Prozent Wahrscheinlichkeit, dass ich nach diesen Spielen weitermache", erklärte er.

Auch Uchimura, der vor seinem Mehrkampf-Gold 2012 und 2016 in Rio de Janeiro bereits 2008 in Peking Silber im Sechskampf gewonnen hatte, steht nach dem Aus bei seinen Heim-Spielen vor seinem Laufbahnende. "Ich habe meinen Zenit bereits überschritten. Es war schon schwer genug, mich für die Mannschaft zu qualifizieren", bekannte der 32-Jährige, gab aber noch nicht seinen Rücktritt bekannt und ließ sich aber noch ein Hintertürchen offen für die Heim-WM. "Lasst mich darüber nachdenken, wenn ich in die Unterkunft zurückgekehrt bin."

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