Leipzig. In Europa blüht der Handel mit seltenen Exoten wie Tigern. Der WWF fordert schärfere Gesetze, um das Leid der Tiere zu verhindern.

Joe Exotic erinnert an einen Gangster aus 80er-Jahre-Krimiserien wie „Miami Vice“. Seine Millionen machte der heute 57-Jährige mit einem Privatzoo und Großkatzenhandel. Schließlich wollte er seine ärgste Widersacherin, eine Tierrechtlerin, von einem Auftragskiller töten lassen. Eine Zeit lang hielt der „Tiger King“ sich mit seinem Ehemann in Mexiko versteckt, jetzt sitzt er im Gefängnis.

Die Doku-Serie über ihn, „Großkatzen und ihre Raubtiere“, gehört zu den erfolgreichsten Netflix-Produktionen. Positiver Nebeneffekt: Der Handel mit exotischen Tieren rückt dadurch zunehmend ins Licht der Öffentlichkeit. Und der ist auch in der EU ein Problem, sagt der Naturschutzbund WWF in Leipzig. Zwar sei der kommerzielle Handel mit Tigern in der EU verboten, jedoch gebe es Schlupflöcher.

So dürften die Großkatzen beispielsweise für „Zuchtzwecke“ verkauft werden. Dem WWF-Report zufolge wurden im Zeitraum von 2013 bis 2017 insgesamt 187 lebende Tiger aus der EU, meist aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien und dem damaligen Mitglied Großbritannien, in Drittländer exportiert. 73 dieser Tiere landeten in Zirkussen, Freizeitparks und Wandertiershows – und das in Ländern, die nicht für ihren sorgsamen Umgang mit Tieren bekannt sind, etwa China oder Thailand.

Tiere: Mafiaähnliche Organisationen züchten Tiger

In 95 Fällen wurden Tigerprodukte beschlagnahmt wie etwa angebliche Medizin oder Schmuck. Der Handel mit ihnen ist verboten. Tschechien wiederum legte 2018 offen, dass dort mafiaähnliche Organisationen Tiger züchten und illegal nach Asien verkaufen.

Solange die legale Herkunft nachgewiesen werden kann, ist es Privatpersonen auch in Deutschland erlaubt, Tiger zu halten – freie Bahn für die Joe Exotics Europas. Eine artgerechte Haltung, um die sich Zoos zumindest bemühen – ist hier nahezu undenkbar. Nur wenige EU-Länder erfassen zudem die Bestände von Großkatzenhaltern und Privatzüchtern. Dies erschwere die Strafverfolgung von illegalem Handel mit Tigern aus Gefangenschaft erheblich, kritisierte der WWF-Artenschutzexperte Arnulf Köhncke.

Ein konfisziertes Tigerfell am Flughafen in London.
Ein konfisziertes Tigerfell am Flughafen in London. © WWF-UK / James Morgan

Auch werde kaum registriert, woran die Tiger sterben und was mit ihren Kadavern geschehe. Denkbar also, dass Tiger gezüchtet und getötet werden, einzig um sie zu Hokuspokus-Medizin zu verarbeiten. In Teilen Asiens gelten aus der größten Katzenart gewonnene Extrakte als kraftsteigernd. Ein reiner Placeboeffekt, denn die „Inhaltsstoffe“ eines Tigers unterscheiden sich nicht von denen einer Hauskatze. Auch als Talisman oder Dekoration sind Tigerteile beliebt.

Unfall: Weißes Löwenbaby auf deutscher Autobahn

Der Tierschutzverband fordert daher bessere Kontrollen und Regularien in Europa. „Der illegale oder schlecht regulierte Handel mit Tigern und Tigerprodukten ist auch eine Gefahr für die letzten 3900 wild lebenden Exemplare“, warnte Köhncke. Der Handel stimuliere den Markt. Dies rufe wiederum Wilderer auf den Plan.

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Was für Exoten in Deutschland unterwegs sind, eröffnete sich Anfang September bei einem Tiertransporter-Unfall auf der Autobahn 5 bei Karlsruhe: Die Polizisten fanden in dem Fahrzeug ein weißes Löwenbaby. Eine Züchterin in der Slowakei hatte es für einen Privatzoo in Spanien auf die Reise geschickt. Laut Landratsamt Karlsruhe sei der Transport „grundsätzlich legal“ gewesen, auch wenn einige Dokumente fehlten – und das Junge zu früh von seiner Mutter getrennt wurde.