München. Senta Berger, Grande Dame des deutschen Films, spricht vor ihrem 80. Geburtstag über Leichtigkeit, Disziplin und das Abenteuer Liebe.

Am 13. Mai wird Senta Berger 80 – Geburtstage mag sie nicht, dabei hat sie allen Grund, sich feiern zu lassen. Vom Wiener Vorstadtmädchen schaffte sie es nach Hollywood, drehte in den 60ern mit Kirk Douglas oder Charlton Heston.

Heute ist sie die Grande Dame des deutschsprachigen Films. Am 10. Mai zeigt das ZDF das Ehedrama „An seiner Seite“. Ihre eigene Ehe mit Filmemacher Michael Verhoeven ist für die zweifache Mutter eher Dauerbrenner als Drama: Im Herbst feiert das Paar 55. Hochzeitstag.

Was für Gedanken gehen durch Ihren Kopf, wenn Sie an den runden Geburtstag denken?

Senta Berger: Erst einmal ist es für mich nur eine Zahl auf der Torte. Dann habe ich zum Glück ein ganzes Jahr Zeit, um mich an diese Zahl zu gewöhnen und sie mit mir in Verbindung zu bringen. Ich denke an den 80. Geburtstag meiner Mutter: Sie lachte damals wie ein junges Mädchen; sie hatte ein wunderbares Gemüt. Ich denke auch, dass ich einen langen Weg zurückgelegt und so viel erlebt habe. Eigentlich genug. Dann wiederum denke ich: Ach, das sind also 80 Jahre, und so schnell sind sie vergangen!

Woher nehmen Sie die Energie und Leichtigkeit, um immer neue berufliche Projekte anzugehen?

Berger: Energie habe ich sicher noch viel. Leichtigkeit dagegen schon lange nicht mehr. Je mehr Verantwortung einem zuwächst, desto mehr verliert sich die Leichtigkeit. Ich finde das ganz natürlich. Ich habe viel erfahren und springe heute nicht mehr in jede Situation, ohne vorher darüber nachzudenken. Vielleicht denke ich zu viel nach. Aber ich verlange auch viel von mir. Mehr als früher.

Mit Alain Delon in „Mit teuflischen Grüßen“ (1967)
Mit Alain Delon in „Mit teuflischen Grüßen“ (1967) © picture alliance

Sind Sie generell disziplinierter als andere Frauen in Ihrer Lebensphase?

Berger: Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass ich mit fünf, sechs Jahren bereits in einer staatlichen Tanzschule war und mit 15 die Ausbildung an der Akademie für Tanz abgeschlossen habe. In all den Jahren habe ich gelernt, meinen Körper bewusst wahrzunehmen. Auch als Instrument, das möglichst gut behandelt werden will. Das heißt aber nicht, dass ich einem Ernährungsplan folge, dass ich prinzipiell Dinge ausschließe. Ich bin überhaupt nicht prinzipiell. Lesen Sie auch: Senta Berger nimmt Abschied von ihrer Serie „Unter Verdacht“

Sondern?

Berger: Ich bin immer einigermaßen vernünftig. Das schließt aber zum Beispiel nicht aus, dass ich und besonders in Wien über die Stränge schlage. Dort sind die Speisen meiner Kindheit wie zum Beispiel Marillenpalatschinken.

Schauspielerin Senta Berger Anfang 2020 in ihrer Wahlheimat München.
Schauspielerin Senta Berger Anfang 2020 in ihrer Wahlheimat München. © picture alliance

Gab es zurückblickend eine Phase, in der Sie – so wie die von Ihnen im neuen TV-Film porträtierte Charlotte – Ihr Leben grundlegend hinterfragt haben?

Berger: Ja, als ich sehr jung war und als Filmschauspielerin laut Vertrag eine Reihe von mittelmäßigen Filmen für die CCC Film in Berlin machen musste, dachte ich ernsthaft daran, nach Wien zurückzukehren. Dort wollte ich mein Abitur nachholen, um an der Uni Germanistik zu studieren. Das alles hatte mich immer schon interessiert, und dafür hatte ich auch eine Begabung. Wenn ich zurückblicke, dann bin ich Artur Brauner, dem Gründer der CCC Film, aber auch sehr dankbar.

Dankbar wofür?

Berger: Dass er nicht so recht wusste, was er mit mir machen sollte, denn dadurch wusste plötzlich ich, was ich wirklich wollte. Eines sicherlich nicht, nämlich weiter als Ramona oder Trixie in Musikfilmen herumhüpfen.

Senta Berger mit ihrem Ehemann, dem Regisseur Michael Verhoeven.
Senta Berger mit ihrem Ehemann, dem Regisseur Michael Verhoeven. © picture alliance

In diesem Jahr feiern Sie und Ihr Mann Michael Verhoeven 55. Hochzeitstag. Wie haben Sie das geschafft?

Berger: Wir haben uns sehr jung getroffen: Michael war 25 und ich 22 Jahre alt. Wir wussten damals noch nicht, dass es eine schicksalhafte Begegnung war. Der Anfang unserer Geschichte war dramatisch, denn ich stand vor meiner Abreise nach Hollywood – aber wir konnten uns nicht loslassen. Wir sind gemeinsam erwachsen und nun gemeinsam alt geworden. Gibt es ein schöneres Abenteuer? Mehr zum Thema: Senta Berger gesteht: „Ich empfand mich nie als schön“