Wien. Als wirke sich die Corona-Krise nicht schon stark genug aus, kämpft der Ölmarkt auch noch mit einem Preiskampf zwischen Russland und Saudi-Arabien. Heute sollen drastische Produktionskürzungen diskutiert werden. Ist sogar ein Schulterschluss mit den USA möglich?

Die Folgen der Corona-Krise und der Preiskampf zwischen Russland und Saudi-Arabien hat den Ölpreis in den vergangenen Wochen in den Keller rauschen lassen.

Heute will nun das Ölkartell Opec gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern ("Opec+") in einer Videokonferenz über die angespannte Lage am Ölmarkt beraten. Im Raum stehen drastische Produktionskürzungen - sofern denn auch die USA mitziehen werden. Diese Unterstützung, so kristallisierte es sich zuletzt heraus, ist dieser Tage für die "Opec+" womöglich die entscheidende Bedingung.

Konkret wird erwartet, dass die "Opec+" eine kräftige Produktionskürzung von täglich zehn Millionen Barrel (je 159 Liter) Öl und mehr diskutieren wird. Offiziell ließ die Opec zuletzt aber nicht einmal die genaue Startzeit der Videokonferenz verlauten. Spannend wird sein, welchen Anteil der Kürzung die "Opec+" selbst übernehmen will und welchen sie von Ländern wie den USA, Kanada und Norwegen erwartet. Dass neben den 23 "Opec+"-Staaten auch andere Länder in einen Deal involviert werden sollen, bestätigte am Mittwoch Irans Ölminister Bidschan Namdar Sanganeh via Twitter.

Der Ölpreis ist zuletzt so stark abgestürzt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Am 19. Februar lag der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent noch bei fast 60 US-Dollar - am 1. April waren es dann bloß noch rund 25 Dollar. Der Preisverfall ist unter anderem eine Folge der deutlich gesunkenen Nachfrage aufgrund der Corona-Krise. In vielen Ländern steht das Alltagsleben mehr oder weniger still, entsprechend wird auch deutlich weniger Roh- oder Heizöl beziehungsweise Treibstoff verbraucht.

Hinzu kommt, dass sich die "Opec+"-Mitglieder bei ihrem bislang letzten Minister-Treffen Anfang März nicht auf eine gemeinsame Strategie ab dem 1. April einigen konnten. Der Ölpreis hatte damals schon mit Einbrüchen auf die Corona-Krise reagiert, das Treffen der "Opec+" in Wien fand unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen statt. Doch statt einer gemeinsamen Strategie verkündeten die Schwergewichte Russland und Saudi-Arabien einen Preiskampf. Beide Seiten kündigten eine Ausweitung der Rohöl-Produktion an - und schickten den Ölpreis so erst recht in den Keller. Nun ist der Druck für eine Zusammenarbeit umso größer.

"Die große Frage ist, ob die "Opec+" schon in Vorleistung geht ohne genau zu wissen, ob die anderen Länder wirklich mitmachen werden", sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. Er geht davon aus, dass die "Opec+" die Hilfe der USA zur Bedingung macht - und andernfalls die aktuellen Produktionsüberschüsse in Kauf nehmen würde. "Dann dürfte es für den Ölpreis wirklich ernst werden." Schon am Freitag soll - unter dem Vorsitz des Opec-Schwergewichts Saudi-Arabien - eine Schalte der Energieminister der G20-Staaten folgen, bei der ebenfalls Mitstreiter gewonnen werden könnten.

Die zuletzt immer wieder kolportierte Kürzung um insgesamt zehn Millionen Barrel Öl pro Tag hält Fritsch für gerade groß genug, um den aktuellen Ölpreis von rund 32 US-Dollar pro Barrel (Brent) beibehalten zu können. "Man muss schauen, welches Ausgangsniveau bei den Verhandlungen festgelegt wird. Zehn Millionen Barrel weniger als Anfang April wären zu wenig. Schließlich haben Russland und Saudi-Arabien im Preiskrieg ja ihre Produktion hochgefahren."

Eine Kürzung der Rohölproduktion von zehn Millionen Barrel am Tag entspräche etwa zehn Prozent der gesamten, weltweiten Produktion vor der Corona-Krise. Der Anteil der 13 Opec-Staaten am globalen Ölmarkt betrug zuletzt etwas weniger als 30 Prozent, gemeinsam mit den zehn Kooperationspartnern ("Opec+") sind es rund 45 Prozent. Das gesamte Bündnis der "Opec+" wird sehr stark von den beiden Schwergewichten Saudi-Arabien und Russland bestimmt und hängt entsprechend auch stark von deren Einigkeit ab.